Im Streit um die Wahl des Thüringer Landtagspräsidenten hat das (noch) von den Altparteien dominierte Landesverfassungsgericht in Weimar, wie kaum anders zu erwarten war, einstimmig gegen die AfD entschieden. Eine am späten Freitagabend (27. September) auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion ergangene einstweilige Anordnung schränkt das in der Geschäftsordnung des Landesparlamentes klipp und klar geregelte erste Vorschlagsrecht der AfD als stärkste Fraktion stark ein. AfD-Fraktionschef Björn Höcke sprach in einer ersten Reaktion von einer ganz offensichtlich politisch motivierten Entscheidung.
Alterspräsident Jürgen Treutler (73/AfD) ist durch den Weimarer Richterspruch gehalten, das Parlament am heutigen Samstag über eine aktualisierte Tagesordnung abstimmen zu lassen. Der Landtag darf zudem noch vor der Wahl der Landtagsspitze seine Geschäftsordnung ändern. Der Beschluss des Gerichts erging einstimmig. An diesem Samstag (09.30 Uhr) wollte das Parlament in Erfurt seine am Donnerstag nach Tumulten mehrfach unterbrochene und dann abgebrochene konstituierende Sitzung fortsetzen.
So argumentieren die Richter
In ihrem Beschluss gaben die Thüringer Verfassungsrichter dem Alterspräsidenten eine Art Regieanweisung zum Ablauf der heutigen Sitzung auf:
Treutler muss demnach die vorläufigen Schriftführer ernennen, die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen und die von der bisherigen Landtagspräsidentin vorgelegte Tagesordnung von Mitte September zur Abstimmung stellen. Anschließend soll die Sitzung in der Reihenfolge der beschlossenen Tagesordnung fortgesetzt werden. Die AfD und Treutler hatten zuvor eine andere Rechtsauffassung vertreten.
Landtag darf Wahlverfahren ändern
Das Gericht stellte laut Mitteilung klar, dass die Landtagsabgeordneten das Recht hätten, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung selbst zu bestimmen. „Damit ist auch eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig“, heißt es in der Eilentscheidung aus Weimar.
Die Verfassungsrichter erklärten: „Die beabsichtigte Regelung, die vorsieht, dass sämtliche Fraktionen – und nicht allein die stärkste Fraktion – bereits für den 1. Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, verletzt Verfassungsrecht nicht.“
Die CDU hatte das höchste Thüringer Gericht nach einer chaotischen Landtagssitzung am Donnerstag mit einer Vielzahl von Unterbrechungen angerufen. Dem Antrag schlossen sich die Kartellparteien BSW, Linke und SPD an.
Hintergrund ist ein Tauziehen um das Vorschlagsrecht für die Besetzung des Präsidentenamtes. Die AfD strebt die Besetzung des zweithöchsten Staatsamts in Thüringen an und pochte deshalb bis zuletzt auf ihr Vorschlagsrecht gemäß den althergebrachten Parlamentsregeln in Deutschland, wonach der Landtagspräsident oder die Landtagspräsidentin durch die stärkste Fraktion gestellt wird. Für seine bzw. ihre Wahl hätte dann nach den Regeln des Erfurter Landtags im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit gereicht.