Showdown in Atlanta: Joe Biden wollte die TV-Debatte in der vergangenen Nacht in der Hauptstadt des US-Bundesstaates Georgia nutzen, um im Rennen um die nächste US-Präsidentschaft in die Offensive zu kommen. Doch der Schlagabtausch mit seinem Amtsvorgänger und wahrscheinlich auch Amtsnachfolger Donald Trump wurde zu einem einzigen Desaster für den immer seniler wirkenden Mann im Weißen Haus. Das Votum der Zuschauer ist eindeutig.
Laut einer ersten Umfrage des Senders CNN sahen 67 Prozent der Zuschauer an den Bildschirmen Trump als klaren Sieger der Debatte. Nur 33 Prozent sahen Biden vorn.
Biden wirkte wie ein Gast auf seiner eigenen Beerdigung
Beide Kontrahenten trugen dunkle Anzüge und Krawatten in den jeweiligen Farben ihrer Partei – Rot der Republikaner Trump, Blau der Demokrat Biden. Es war ein historisches TV-Duell insofern, als es das erste Mal war, dass ein amtierender und ein ehemaliger US-Präsident aufeinandertrafen.
Joe Biden (81), kreidebleich im Gesicht, wirkte dabei zeitweise so, als sei er Gast auf seiner eigenen Beerdigung. Sein wackliger Auftritt mit brüchiger Stimme bestätigte die zunehmenden Zweifel an seiner Eignung für das mächtigste Amt der Welt.
Die Fernsehdebatte am Donnerstagabend (Ortszeit) galt als wohl letzte Bewährungsprobe für den immer kraftloser und matter wirkenden 81 Jahre alten Demokraten. Während des rund 90 Minuten langen Schlagabtauschs verhaspelte sich Biden regelmäßig, er sprach undeutlich, leise und mit brüchiger Stimme. Teilweise war es schwierig, ihm überhaupt zu folgen.
Der 78 Jahre alte Trump, wie immer gebräunt, machte dagegen einen fitten fast jugendlichen Eindruck. Ganz in seinem Element, ging der absehbar auch nächste Präsidentschaftskandidat der Republikaner (der Nominierungsparteitag findet vom 15.-18.Juli in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin statt) mit beißender Rhetorik auf Biden los.
Das TV-Duell läutete bereits jetzt die heiße Phase im US-Wahlkampf ein. Biden und Trump durften während des Schlagabtauschs keine Spickzettel benutzen und mussten frei sprechen. Die von CNN aus Atlanta übertragene Debatte fand ohne Studiopublikum statt. Das Mikrofon des jeweiligen Präsidentschaftsbewerbers, der gerade nicht sprach, war stumm geschaltet.
Biden vergleicht Trump mit „Straßenköter“
Mit einigen offensichtlich einstudierten Verbal-Attacken, die er zwischenzeitlich wohl nicht vergessen hatte, versuchte Biden zu punkten. Er nannte Trump einen „Jammerlappen“ und „Verlierer“, warf dem Republikaner vor, die „Moral eines Straßenköters“ zu haben. Doch all die Attacken verfingen kaum, weil Biden regelmäßig ins Stolpern geriet. Selbst US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach nach dem Duell von einem „holprigen Start“.
Das große Thema: Migration, Migration, Migration!
Trump schenkte Biden nichts. „Er ist ein Palästinenser“, ätzte der Republikaner. „Er bekommt Geld aus China.“ Der Ex-Präsident verkniff sich weitgehend seinen sonst üblichen Spott. So verzichtete er darauf, Biden wieder „sleepy Joe“ zu nennen. Einmal aber konnte Trump dann doch nicht anders: „Ich weiß nicht, was er da am Ende des Satzes gesagt hat. Aber er wahrscheinlich auch nicht“, kommentierte der Ex-Präsident grinsend die Ausführungen seines Amtsnachfolgers zum Thema Migration. Trump ließ es sich nicht nehmen, Migrantenkriminalität als „Biden-Migranten-Kriminalität“ zu bezeichnen.
Überhaupt war die Masseneinwanderung das beherrschende Thema. „Er (Biden) lässt Millionen Menschen aus Gefängnissen und psychiatrischen Kliniken in unser Land kommen“, betonte Trump immer wieder. Geschickt verband er dieses Thema mit anderen Problemen des Landes wie der Opiatkrise, dem maroden Gesundheitswesen, Steuererhöhungen („Biden will Eure Steuern!“).
Der Greis im Weißen Haus schien den ihm unangenehmen Themen komplett ausweichen zu wollen. Er habe doch neue Stellen im Grenzschutz und bei den Asylbehörden geschaffen, erklärte Biden fast schon weinerlich. Das wirkte so, als wolle man die illegale Masseneinwanderung in Deutschland durch neue Stellen beim BAMF verhindern.
Gibt Biden doch noch auf?
Soviel dürfte seit der vergangenen Nacht feststehen: Das laut Meinungsumfragen angebliche Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Biden und Trump wendet sich eindeutig zu Gunsten des Republikaners. Sofern es überhaupt noch stattfindet. US-Medien zitieren bereits namentlich nicht genannte Funktionäre der demokratischen Partei, die sich nach Bidens TV-Debakel entsetzt fragen, ob der noch amtierende Präsident wirklich der richtige Kandidat für die Wahl im November ist. Politische Beobachter in den USA erwarten, dass der innerparteiliche Druck auf Biden zunimmt, einem deutlich jüngeren Kandidaten zu weichen. Immer öfter fällt dabei der Name von Gavin Newsom, dem Gouverneur von Kalifornien.