Drohnen-Alarm am Münchner Flughafen, Drohnen über dem Oktoberfest, Drohnen-Sichtungen am Himmel über Schleswig-Holstein, Drohnen-Hysterie und Hamsterkäufe in Skandinavien, Drohnen-Abstürze in Polen. Dazu „dröhnen“ deutsche Politiker mit viel Vermutungswissen: „Der Russe ist’s!“ Moskau weist derweil alle Unterstellungen zurück. Wer steckt wirklich hinter den Drohnen-Flügen teils auch über kritischer Infrastruktur?
Fakt ist zunächst einmal: In Deutschland sind nach Angaben des „Verbandes unbemannte Luftfahrt“ mehr 400.000 Drohnen im Umlauf – 385.000 davon in Privatbesitz.
Angenommen, dass jede Drohne im Schnitt einmal im Monat gestartet und von ihrem Besitzer „spazieren“ geflogen wird, taucht mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit irgendwo und irgendwann am deutschen Himmel eine Drohne auf. Und manchmal auch verbotenerweise – denn: Drohnenflüge sind u.a. über Wohngrundstücken (ohne Genehmigung), in Naturschutzgebieten, in unmittelbarer Nähe von Flugplätzen und Flughäfen, über Menschenansammlungen (z.B. Volksfeste) sowie über wichtigen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder militärischen Anlagen verboten. Auch über Bundesstraßen und Bundeswasserstraßen und bestimmten Industrieanlagen ist das Überfliegen untersagt.
Merz und Söder kochen bereits ihr Süppchen
Für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist die Sache klar. Er stellte einen Zusammenhang mit einer möglichen Bedrohung von außen her. „Das war jetzt kein Einzelfall“, sagte Söder bei Welt TV. „Es ist die Sicherheitslage, in der wir stehen. Wir sind nicht mehr ganz so im Frieden, wie wir waren.“
Mit anderen Worten: Putin steuert das Sendepult der Drohnen! Das stand für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sowieso schon fest. „Wir werden es nicht zulassen, dass diese Übergriffe weiter stattfinden“, sagte Merz am vergangenen Donnerstag nach einem Treffen mit den Ost-Ministerpräsidenten im thüringischen Ettersburg.
Er dürfte sich durch „Informationen“ ausgerechnet des ukrainischen Geheimdienstes bestätigt sehen. Russland habe angeblich Agenten in EU-Staaten eingeschleust, die an Drohnenflügen auch über Deutschland sowie über militärischen Einrichtungen beteiligt seien. Das behauptete Sergei Kisliza, Vize-Außenminister der Ukraine, in einem Interview mit dem britischen Guardian. Demnach habe Russland EU-Länder mit „Agenten und Maulwürfen“ infiltriert, die Kisliza zufolge für Drohnenflüge über Flughäfen in Dänemark und Deutschland sowie über Militärstützpunkte von Verbündeten verantwortlich seien.
Putin: Drohnen-Hysterie als Vorwand
Moskau weist alle Vorwürfe bzw. Verdächtigungen zurück und betont, dass Russland mit den Drohnenflügen nichts zu tun habe. Der russische Präsident Wladimir Putin reagierte mit Ironie: Er werde „keine Drohnen mehr nach Europa schicken – ich werde es nicht mehr tun. Ich werde sie weder nach Frankreich noch nach Dänemark noch nach Kopenhagen schicken. Wohin fliegen sie noch? Nach Lissabon?“, scherzte Putin.
Doch lustig findet der Kreml-Chef die Sache keineswegs. Den europäischen Ländern warf er vor, die Drohnen-Hysterie als Vorwand zu nutzen, um die Spannungen zu erhöhen. Er versicherte, dass es für Russland keine Drohnen-Ziele in Europa gebe.
Wer hätte das gedacht? Sogar aus der Union kommen besonnene Stimmen: NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schließt Trittbrettfahrer nicht aus. „Ich bin sicher: Nicht jede Drohne steuert der Kreml.“
Nationaler Sicherheitsrat tritt in Aktion
Dessen ungeachtet haben die jüngsten Drohnen-Vorfälle laut Bericht „Bild“-Zeitung den neu geschaffenen Nationalen Sicherheitsrat auf den Plan gerufen: Die Sichtungen von Drohnen über Flughäfen, Häfen, Rüstungsbetrieben und Militäranlagen werden demnach zum ersten großen Fall des Gremiums. Der Sicherheitsrat befindet sich derzeit zwar noch im Aufbau, dennoch solle schon jetzt gehandelt werden, berichtet das regierungsnahe Boulevardblatt. Derzeit würden mehrere Behörden an einem einheitlichen Lagebild arbeiten. Allerdings: Nachrichtendienste und Polizei können laut „Bild“ eine russische Urheberschaft der Drohnen-Vorfälle derzeit „weder bestätigen noch ausschließen“.
Tja, wer könnte noch ein Interesse an der Drohnen-Hysterie haben? Man wird ja noch fragen dürfen…