Zurück zur Realpolitik: Wie sich Deutschland und Europa nach ihrem Ukraine-Desaster wieder Respekt verschaffen können!

Von Wolfgang Lemberg

Trump und Putin reden über die Köpfe der Europäer hinweg über die Ukraine und die europäische Sicherheit. Dass Deutschland als größter Unterstützer der Ukraine nach den USA nun bei der Konfliktlösung nicht mitentscheiden darf, ist in einer grundfalschen Politik und fehlerhaften Analysen begründet.

Die Ereignisse entwickeln sich im atemberaubenden Tempo. Die Verhandlungen zwischen Russland und USA nehmen an Fahrt auf und der Ukraine droht nach dem Selenskyj-Debakel im Weißen Haus nun der komplette Verlust der US-Unterstützung. Währenddessen setzt die EU zusammen mit Großbritannien mit allen Mitteln auf die Fortsetzung des Krieges.

Ob die russisch-amerikanischen Verhandlungen trotz aller Widerstände in der EU und in der Ukraine zum baldigen Ende des Krieges führen können, ist zwar noch ungewiss. Aber die Tatsache, dass nach der Aufnahme der Gespräche die Chancen dazu nun besser stehen als vorher, steht außer Zweifel. Doch in den meisten europäischen Hauptstädten – und Berlin ist hier keine Ausnahme, – machen sich Enttäuschung und Wut breit. Nun sind sogar neue Militärallianzen im Gespräch (EU-Armee, „Koalition der Willigen“ usw.) – was für ein Wahnsinn!

Selenskyj’s Entzauberung

Diese Reaktion mag verständlich sein. Trump hat nicht nur den „Bösewicht“ Putin als ebenbürtigen Partner und die Russen als große Nation gewürdigt und damit alle europäischen „Diplomatie-Normen“ gesprengt. Er hat auch die Ikone des russophoben Europas, Wolodymyr Selenskyj, vor den Augen der ganzen Welt entzaubert. Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio ein diplomatisches Treffen mit der extra dafür angereisten EU-Kommissarin für Außenangelegenheiten, Kaja Kallas, verweigert. Die EU und Deutschland als deren wirtschaftliche Lokomotive bleiben bei den gerade begonnenen Verhandlungen und damit der Schaffung einer neuen Weltordnung außen vor. Nicht mal am Katzentisch bekommen sie Platz, sie werden gar keinen bekommen, sollten sie so weitermachen wie bisher.

Trumps neue Geo-Ökonomie

Das ist nach alledem nur folgerichtig, obwohl es bei den Gesprächen mit Russland auch um die europäische Sicherheitsarchitektur gehen wird, die nun mal uns alle betrifft. Sollte der Aufbau einer gleichberechtigten Sicherheitsstruktur gelingen, bestünde für Deutschland keine Notwendigkeit mehr, „kriegstüchtig“ zu werden. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Trump gemeinsam mit Russland und China die Senkung der Militärausgaben um 50 Prozent in Aussicht gestellt hat. Trump will eine neue Weltordnung schaffen, die auf Geo-Ökonomie und wirtschaftlicher Zusammenarbeit und nicht auf Kriegen basiert.

Neue Weltordnung

Diese Weltordnung wird kommen, so oder so. Denn China und Russland, die größten Mächte neben den USA, haben signalisiert, dass sie bei deren Gestaltung eine Rolle spielen wollen. Wie sonst kann man die Bereitschaft Putins deuten, zusammen mit den US-Amerikanern die seltenen Erden in den russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine abzubauen und mit diesen Erlösen den Wiederaufbau der Ukraine mitzufinanzieren?

Trump will Geld verdienen und hat offenbar keine Lust, wegen vermeintlicher Ängste europäischer Kleinststaaten wie Estland einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Das verkrustete NATO-Kriegsdenken ist aus seiner Sicht Geschichte. Dass die Europäer sich dann am Ende doch noch für die Fortsetzung der Konfrontation mit Russland und womöglich für einen direkten Krieg entscheiden könnten, ist nicht mehr sein Problem.

Nur die vollständige Abkehr von der vorherigen Politik der Konfrontation bietet den Europäern noch eine Chance, sich einen Platz am Tisch der Ausgestaltung der kommenden Weltordnung zu verschaffen. Einen Weg dazu gäbe es. Das sture Festhalten an Selenskyj versperrt aber diesen Weg.

Der Marionetten-Präsident in Kiew ist eine Figur, die auf dem Mythos des edlen Verteidigers gegen einen blutrünstigen Aggressor aufgebaut ist. In Wirklichkeit hat er den Krieg genutzt, um eine unumschränkte Machtposition zu usurpieren und sich eine finanzielle Existenz auf Kosten anderer zu sichern. Nun ist Selenskyj mit seinem Military-Look und seinen Hassreden gegen Putin mittlerweile fehl am Platze, wie die Streitigkeiten im Kamin-Zimmer des Weißen Hauses deutlich zeigten.

Schluss mit Kriegstreiberei!

Wenn Deutschland bei den Verhandlungen unbedingt mit von der Partie sein möchte, sollte es als Erstes selbst mit der Politik von Eskalation und Hysterie innerhalb der EU brechen und eine positive Agenda entwickeln. Abrüstungsvorschläge in beide Richtungen wären das eine. Insbesondere der Abzug der US-Truppen vom europäischen Boden und vor allem der dort stationierten US-Nuklearstreitkräfte im Gegenzug für spiegelbildliche Maßnahmen auf der russischen Seite – z.B. in Weißrussland. Zum anderen ist eine Abkehr von der Politik der Sanktionen dringend nötig, ebenso ein Ende der Dämonisierung Russlands in den etablierten Medien und die Rückgabe der Sendeerlaubnis an RT im EU-Raum.

Das Lockern der US-Sanktionen gegen Russland ist schon im Gespräch. Auch zeigen die US-Amerikaner Interesse an der Wiederaufnahme des Betriebs der beschädigten Nord-Stream-Pipelines. Die EU schnürt dagegen ein Sanktionspaket nach dem anderen, als wäre nichts geschehen, und erteilt der möglichen Wiederinbetriebnahme der Gas-Pipeline, an der nun alle mitverdienen könnten, eine schroffe Absage. Berlin, Brüssel und Paris wirken wie aus der Zeit gefallen. Mit diesem Denken schafft man es nicht mal ins Vorzimmer der sich vor unseren Augen neu formierenden zukünftigen Weltpolitik.

Selenskyj ist am Ende

Aber die Chance für ein Entkommen Europas aus der Sackgasse einer konfrontativen Politik und für die Rückkehr auf die Autobahn internationaler Kooperation existiert. Es ist dringendst nötig, eine innen-und außenpolitische Initiative zu ergreifen, um einen gemeinsamen Verhandlungstisch im europäischen Interesse zu errichten. Und das erste, was Deutschland und andere Europäer als Signal für ihre Verhandlungsbereitschaft vorweisen sollten, wäre die Aufgabe Selenskyjs, genau genommen die Weigerung, ihn weiterhin zu unterstützen. Ohne US-Militärhilfe sind seine Stunden als handlungsfähiger Kriegsherr gezählt. Dann wäre das Regime in Kiew dem Untergang geweiht und müsste kapitulieren.

Reale Außenpolitik ist gefordert!

Es ist Zeit, dass die feminisierte deutsche Außenpolitik (wieder) erwachsen wird und zu den Maßstäben von Realpolitik zurückfindet. Und das Erste, was dafür nötig wäre, ist ein nüchterner Blick auf die Ukraine. Im Land grassiert Korruption und es wüten menschenfängerische Mobilisierungskommandos. Die Ukraine gleicht einem Freiluftgefängnis, wo Hunderttausende Männer auf der Flucht vor dem Kriegsdienst sind. Wo die orthodoxe Kirche verfolgt wird und russische Bücher zu Toilettenpapier verarbeitet werden.

Deutschland sollte mit all seinem noch bestehenden Einfluss zumindest den Versuch wagen, diesem Verfall ein Ende zu setzen. Deutschland könnte beispielsweise die Verantwortung dafür übernehmen, die Schikanen gegen die Orthodoxie nicht nur in der Ukraine, sondern auch in der EU zu stoppen. Aber allem voran müssen die eigenen Haushaltsprobleme vor dem Hintergrund der Abkoppelung vom russischen Gas vernünftig eingeschätzt werden.

Schluss mit dem ideologischen Tunnelblick

Für diese radikale Abkehr von der vorherigen Politik braucht man Mut und Verstand. Gibt es Anzeichen dafür, dass die Vernunft in Berlin endlich einkehrt? Ja, die gibt es. Die klassische Aufteilung von Links, Mitte und Rechts ist ein Denken von gestern, zumindest in der Außenpolitik. Heute ist nur eine Frage entscheidend: Bist du für Waffenlieferungen oder dagegen? Bist du für die Fortsetzung des Krieges oder dafür, dass er aufhört und der Frieden „ausbricht“?

Das Umdenken wird unausweichlich stattfinden müssen. Und das ist auch innenpolitisch wichtig, denn dann gewinnen politische Kräfte am Einfluss, die diesen Wandel mitgedacht haben, ob man es will oder nicht. Dementsprechend werden die anderen, die am alten Denken festhalten, verlieren.

Die Frage also lautet: Welche politische Kräfte haben die Impulse aus der Trump-Administration und aus der nichtwestlichen Welt zumindest einzufangen versucht, um sie in die deutsche Politik zu übertragen? Welche Parteien haben den Beginn der Verhandlungen zwischen Putin und Trump gutgeheißen und welche nicht? Die Antwort ist jedem bekannt.

Der neue Diskurs ist da und es wird immer lebhafter diskutiert. In jeder Partei außer den durchideologisierten „Grünen“ gibt es Kräfte, die den realpolitischen Ansatz auffangen und in die Politik umsetzen könnten.

Statt die russische „Schattenflotte“ zu jagen und damit eine Eskalation in der Ostsee zu riskieren, sollte Deutschland und damit die EU die eigene Rückkehr in die große verantwortungsvolle Weltpolitik vorbereiten. Die Absage an den diplomatischen Versager Selenskyj wäre dabei der erste Schritt, der diese Rückkehr ermöglichen würde.

Neueste Beiträge

Beliebteste Beiträge

Ähnliche Beiträge