Der Umgang der Evangelischen Kirche mit der Migrationsproblematik ist naiv, verquer und schlussendlich nur eine fahrlässige Geste.
Noch geht es der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gut. Man möchte meinen, zu gut. Denn die finanziellen Mittel der evangelischen Kirchen Deutschlands sind gewaltig. Die ›Deutsche Welle‹ vermeldet, dass den 20 evangelischen Landeskirchen und fast 16.500 Gemeinden jedes Jahr für ihre Arbeit 10 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. »Die Hälfte davon stammt aus den Einnahmen durch Kirchensteuern und Gemeindebeiträgen. Der Rest setzt sich aus Gebühren für soziale Einrichtungen, Fördermitteln, Spenden und Staatsleistungen zusammen.« Und obwohl der Evangelischen Kirche Deutschlands im letzten Jahr einfach mal 270.000 Schäflein davonliefen – 2018 waren es nur 221.338 –, ist der üppige Finanzrahmen nach wie vor vorhanden. Denn neben Zahlungen der Bundesländer als Entschädigung für enteigneten Besitz im 19. Jahrhundert, in Höhe von 250 bis 280 Millionen Euro jährlich, gibt es möglicherweise auch ein sogenanntes Sondervermögen aus Immobilien und Firmen, das der Evangelischen Kirche immerhin 750 Millionen Euro aus Vermögenseinnahmen jährlich bringt – so jedenfalls der Politologe und Publizist Carsten Frerk. Was also liegt in so einer komfortablen Situation näher, als dem vermeintlich Nächsten aus Reputationsgründen zu helfen? Wenn der Wohlstandsbauch unterm Talar spannt und das Beffchen immer enger sitzt, soll auch der Geringsten gedacht werden. Gesagt, getan, die milliardenschwere evangelische Kirche machte sich unter dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm daran, mithilfe des Spendenkampagnen-Bündnisses »United4Rescue« das ehemalige Forschungsschiff »Poseidon« für 1,3 Millionen Euro zu ersteigern, in »Sea-Watch 4« umzutaufen und als Rettungsschiff für Mittelmeerflüchtlinge in Stellung zu bringen. Parallel dazu hatte die Evangelische Kirche im Rahmen des Sea-Watch-Projektes auch das Suchflugzeug »Moonbird« angeschafft, das alle zivilen Seenotrettungsschiffe auf dem Mittelmeer unterstützen soll. Auf der Seite von Sea-Watch heißt es: »Insgesamt war das Flugzeug seit Einsatzstart an der Rettung von über 20.000 Menschen beteiligt. Dennoch stand aufgrund der hohen Kosten zuletzt in Frage, ob das Projekt weitergeführt werden kann. Die Betriebskosten sind trotz ehrenamtlicher Piloten sehr hoch; jeder Suchflug kostet rund 2000 Euro.« Und da es Corona-bedingt (?) keine nennenswerten Probleme mehr mit Migration, Wirtschaftsflüchtlingen, Kosten der Migration, Asylmissbrauch, eingewanderter Kriminalität et cetera in den Mainstream-Medien gibt, wird fleißig weitergerettet. Im weichen Sessel seines Büros sieht Präses Manfred Rekowski, Leitender Geistlicher der Evangelischen Kirche im Rheinland und Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD, zwar ein, dass Seenotrettung keinen Ersatz für einen grundsätzlichen Wechsel in der Migrations- und Asylpolitik darstelle (s. a. https://sea-watch.org/), doch die »Komplexität und Größe dieser politischen Aufgabe darf nicht dazu führen, dass wir uns an das tausendfache Sterben im Mittelmeer gewöhnen oder es gar zum migrationspolitischen Kalkül machen«.
Dass aber genau diese halbgaren, unausgegorenen »Hilfeleistungen« der NGO-Schiffe den Flüchtlingsstrom aus Afrika Richtung Europa befördern, indem sie sich den »Flüchtlingen« als Lösung aus aussichtsloser Lage und den Schleppern als willkommene Helfer präsentieren, ist den geistlichen Komfortzonenbewohnern, die lieber die ganze Welt als die Mitgliederstruktur ihrer Kirche oder die Seelen ihrer Schäflein retten wollen, offenbar noch nicht aufgegangen. Der einzig gangbare Weg im Mittelmeer ist doch derjenige, den Thilo Sarrazin unlängst skizzierte: »Flüchtlinge, die mit Hilfe von Schleppern den Weg über das Mittelmeer wählen, sollen aufgelesen und an ihren Ausgangspunkt zurückgebracht werden – gegebenenfalls unter militärischem Schutz.«
Hans Peter Stauch
Jahrgang 1952, ist seit 2016 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Er ist der verkehrspolitische Sprecher der dortigen AfD-Fraktion. Darüber hinaus liegen seine Themenschwerpunkte auf Fragen der Umwelt-, Klima- und Energiepolitik.