Am Ende ging alles rasch, diszipliniert und professionell. Als am Sonntagnachmittag um 16 Uhr 50 nach einem Sitzungsmarathon über zwei lange Wochenenden die Europawahlversammlung der Alternative für Deutschland mit der Nationalhymne schloss, hatten die rund fünfhundert Delegierten nicht nur 35 Kandidaten für die AfD-Liste zur Europawahl 2024 gewählt – fünf mehr als ursprünglich geplant –, sondern auch ein Wahlprogramm verabschiedet, das den Anspruch einer Alternative zur etablierten Politik vollauf erfüllt.
Programmatisch wie personell ist die AfD damit gut gerüstet für die bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament am 9. Juni 2024. Hält das gegenwärtige Umfragehoch bis zum Wahltag an, haben bis zu 25 AfD-Kandidaten Chancen auf ein Mandat in der Straßburger Parlamentarierversammlung. Sowohl in der demoskopisch ermittelten Wählergunst als auch auf der Europawahlliste der AfD ist dabei noch Luft nach oben.
Hinter dem Spitzenkandidaten Maximilian Krah, der wie drei weitere Listenbewerber bereits in dieser Wahlperiode dem EU-Parlament angehört, versammelt sich eine ausgewogene Mischung aus erfahrenen Bundes- und Landespolitikern, kommunalpolitischen Routiniers, neuen Talenten aller Altersgruppen und Vertretern der Jungen Alternative. Als zweitstärkste oder gar stärkste deutsche Delegation werden die Abgeordneten der AfD im nächsten EU-Parlament auch in der Rechtsfraktion „Identität und Demokratie“ (ID) eine stärkere Rolle spielen. Den Beitritt zum entsprechenden europäischen Parteienverbund hatte der AfD-Parteitag gleich zu Beginn beschlossen.
Zur inhaltlichen Ausrichtung findet der am Sonntag verabschiedete Leitantrag zum Wahlprogramm klare Worte. Die EU ist in ihren Augen „nicht reformierbar“, ein „gescheitertes Projekt“. Die AfD setzt dem die einst von Charles de Gaulle geprägte Idee eines „Europa der Vaterländer“ in zeitgemäßer Verpackung entgegen: Einen „Bund europäischer Nationen“, eine „neu zu gründende europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, in der die Souveränität der Mitgliedsstaaten gewahrt ist“.
Ein Schlüsselbegriff ist die „multipolare Weltordnung“, in der Europa einen eigenständigen Pol darstellen soll. Die AfD lehnt „jegliche Dominanz außereuropäischer Großmächte in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik“ ab, damit die Staaten Europas nicht in Konflikte hineingezogen werden, „die nicht die ihren sind“. Insbesondere die Selbstschädigung durch die Sanktionspolitik gegen Russland lehnt die AfD ab.
Europa soll „“, heißt es in dem mit großer Mehrheit verabschiedeten Kompromissantrag zur Präambel des Wahlprogramms. Ein „wehrhaftes Deutschland“ ist dabei „unabdingbar für unsere Souveränität und Sicherheit in einer sich grundlegend ändernden Welt“.
Ein europäischer Zusammenschluss ist für die AfD sinnvoll und notwendig, er soll aber die „Souveränität der Nationen respektieren und sich auf seine Kernaufgaben beschränken“. Dazu gehört nicht zuletzt die Abriegelung der europäischen Außengrenzen; Parteichefin Alice Weidel spricht explizit von der „Festung Europa“. Die Staaten Europas sollen „Remigrationsprogramme“ zur Rückführung nicht aufenthaltsberechtigter Migranten schaffen.
Europäischen Freihandel befürwortet die AfD, in zahlreichen anderen Politikbereichen soll der EU-Einfluss dagegen zurückgedrängt werden. Die Gemeinschaftswährung Euro sei ebenso gescheitert wie die EU selbst. Auch das Dogma des „menschengemachten Klimawandels“ weist die AfD unmissverständlich zurück.
Der etablierten Konkurrenz fällt zu so viel nationalem und europäischem Selbstbewusstsein nur billige Polemik ein: „Nationalistisches Europa“, „fünfte Kolonne Moskaus“, „weniger Wohlstand“. Sagen ausgerechnet die Vertreter jener Parteien, die alles dafür tun, den Wohlstand der Deutschen auf dem Altar von „grüner“ Ideologie und verfilztem Eurokratentum zu opfern.