Für Markus Söder ist immer gerade irgendwo Weltuntergang, und er kommt sich vor wie der Superheld, der allein noch die Welt retten kann. „Wenn zehn die Apokalypse ist, sind wir bei neun“, rührte er vor dem Corona-Sondergipfel der Ministerpräsidenten noch mal kräftig die Paniktrommel. Eine Nummer kleiner geht bei dem Gernegroß mit dem Star-Wars-Tick einfach nicht.
In normalen Zeiten sind Leute mit der geistigen Veranlagung und dem krankhaft vergrößerten Ego eines Markus Söder am besten in einer abgeschiedenen Einrichtung aufgehoben, wo jeder, der sich für Napoleon, Jesus, Dr. Seltsam oder auch alles zusammen hält, professionelle Betreuung bekommt und möglichst wenig Schaden anrichten kann. Dummerweise ist Markus Söder nicht nur CSU-Vorsitzender, sondern auch Ministerpräsident von Bayern, und er hat in beiden Funktionen bereits eine lange Spur der Verwüstung durch die politische Landschaft gezogen.
Die CSU war sein erstes Opfer. Söder hat die einst so stolze bayerische Quasi-Staatspartei aus Opportunismus und Karrieregeilheit so lange auf „grüner“ als „grün“ getrimmt, dass sie heute in einem nie für möglich gehaltenen Umfragekeller dahindümpelt. Lebte Franz Josef Strauß noch, er würde sich nicht nur die dreiste Vereinnahmung durch den Emporkömmling aus dem Frankenland verbitten, sondern den impertinenten „Grünen“-Anbiederer mit dem nassen Hadern vom weiß-blauen Hof jagen.
Aber Bayern und die CSU sind dem Söder Markus nicht genug. Klare Sache für ihn: Er und kein anderer musste der neue Merkel werden. Im Barockschloss Herrenchiemsee inszenierte sich Sonnenkönig Söder im Sommer schon mal als Thronfolger, Schiffchenfahren und Landpartie in der Kutsche mit der Altmonarchin inklusive. Als es dann doch nichts wurde mit der Kanzlerkandidatur, musste Söder wenigstens alles tun, um den Wahlkampf seines nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentenkollegen Armin Laschet zu sabotieren.
Mit Erfolg: Laschet versauert jetzt auf der Oppositions-Hinterbank, und Söder gibt weiter die rüpeligste Rampensau der gesamten Union. Und weil gerade Herbst ist und Erkältungssaison, endlich wieder in seiner Lieblingsrolle: Als Corona-Diktator, der die tumben Untertanen nach Herzenslust schikaniert und schurigelt, gängelt, belehrt und mit ständig neuen Vorschriften an die Kandare legt, die er im Wochentakt aus dem Hut zieht.
Alle hinter die Maske, besonders die bedauernswerten Schulkinder: So hat’s der Bayern-Napoleon am liebsten. Die körperliche Unversehrtheit der Bürger ist ihm wurscht, Söder behandelt die von ihm Regierten wie Leibeigene: „Impfen ist eine moralische Verpflichtung“, dekretiert der verhinderte Superheld vom hohen Ross herab. Das ist nicht nur dumm und falsch – Impfen ist immer noch eine persönliche Entscheidung zum Selbstschutz unter Abwägung aller möglichen Vor- und Nachteile –, sondern auch in höchstem Maße übergriffig – als wären Körper und Gesundheit der Bürger schon Staatseigentum.
Wie ein Karl Lauterbach für Wohlgenährte schüttelt Söder die Katastrophen-Ansagen nur so aus dem Ärmel: „Wir“ müssen „verschärfen“, es brauche einen „echten Wellenbrecher“ – der vor einem Jahr, der ein halbes Jahr dauerte, hat ja schon so super funktioniert –, der „Lockdown“ für Ungeimpfte und am besten gleich eine Impfpflicht muss her, für Klinikpersonal, Fußballer oder gleich für alle, Möchtegern-Diktator Söder phantasiert vom „alle Möglichkeiten ausschöpfen“.
Dass die so verfassungswidrig und rechtsstaatsfeindlich sind wie seine Ausgangssperren vom letzten Jahr, die von den Gerichten in der Luft zerrissen wurden, kümmert ihn nicht. Den Sündenbock dafür, wenn’s wieder nicht funktioniert, hat er ja schon markiert: Die „Ungeimpften“, gegen die er bei jeder Gelegenheit agitiert und spaltet und die Bürger gegeneinander aufhetzt. Fakten? Für Söder, den verhinderten Comic-Superhelden, kein Thema. Bayerns apokalyptischer Reiter ist bei genauerem Hinsehen nur ein armseliger Rosstäuscher. Höchste Zeit, dass die Bayern dieses skurrile Gespenst endlich davonjagen.