In der Hauptstadt rätseln politische Beobachter, warum Armin Laschet in scheinbar aussichtsloser Situation noch immer nicht das Handtuch wirft? Weshalb spielt der schwer angeschlagene CDU-Chef auf Zeit, obwohl seine Chancen, sich als Kanzler in eine „Jamaika“-Koalition zu retten, fast stündlich zu schwinden scheinen?
Nahe liegt zunächst die Vermutung, dass Laschet auf die Vermögenssteuer als „rettenden Strohhalm“ setzt – also darauf spekuliert, dass der ihm persönlich eng verbundene FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner eine „Ampel“ mit SPD und „Grünen“ an der Unnachgiebigkeit der Genossen in puncto „Reichensteuer“ scheitern lassen könnte.
Oder hat der Noch-NRW-Ministerpräsident (diese Funktion Laschets könnte sich in diesem Zusammenhang als wichtig erweisen) ein noch viel besseres Ass im Ärmel? Es wäre der allerletzte Trumpf des um sein politisches Überleben kämpfenden CDU-Chefs:
Der Hamburger Cum-Ex-Skandal, bei dem es um strafbare Mehrfachsteuer-Rückerstattungen bei krummen Aktiendeals geht, meldet sich mit voller Wucht zurück. Und es scheint immer enger für Olaf Scholz (SPD) zu werden. Der frühere Hamburger Erste Bürgermeister wäre womöglich der erste Kanzleranwärter, gegen den noch vor Amtsantritt wegen Untreue ermittelt wird. Sollte dann sogar Anklage gegen Scholz erhoben werden, könnte er statt im Kanzleramt hinter schwedischen Gardinen landen.
Dazu folgender brisanter Hintergrund: Laut Medienberichten wurden die Ermittlungen, die zur Hausdurchsuchung bei dem früheren Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs geführt haben sollen, vom nordrhein-westfälischen (!) Justizministerium angewiesen. Kahrs, ein notorischer AfD-Hasser, gilt als langjähriger Weggefährte von Scholz. Er war zudem dessen enger Mitarbeiter!
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, das NRW-Landesjustizministerium unter Führung des CDU-Politikers Peter Biesenbach, einem Laschet-Vertrauten, habe gegenüber der Kölner Staatsanwaltschaft darauf bestanden, den Cum-Ex-Fall strafrechtlich zu verfolgen. Hintergrund: Die dem NRW-Justizministerium unterstehende Staatsanwaltschaft in der rheinischen Domstadt ist zentral zuständig für illegale Steuerdeals, bei denen der Staat mehrfach Steuern erstattet hat.
Laut „WDR“ und „Süddeutsche Zeitung“ wurden daraufhin Kahrs Haus und die Hamburger Finanzbehörde im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal durchsucht. Es geht um die Frage, warum zunächst darauf verzichtet wurde, von der Privatbank „MM Warburg“ 47 Millionen Euro Steuergeld aus illegalen Cum-Ex-Geschäften zurückzufordern.
Fakt ist: Im „Cum Ex“-Skandal wächst nach der Razzia bei Kahrs auch der Druck auf Scholz. Auf der Suche nach Antworten, welche Finanzakteure sich mehrfach Steuern vom Staat erstatten ließen, sind die Ermittler jetzt im unmittelbaren persönlichen Umfeld des SPD-Kanzleranwärters tätig geworden. Wegen des Anfangsverdachts auf Begünstigung gegen insgesamt drei Beschuldigte seien neben Privaträumen auch die Räumlichkeiten der Hamburger Finanzbehörde durchsucht worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Köln mit.
Hamburger Ex-Innensenator beschuldigt
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ergänzend meldet, steht außer Kahrs auch der frühere langjährige Hamburger Bundestagsabgeordnete und Ex-Innensenator Alfons Pawelczyk als einer der Beschuldigten im Fokus der Ermittlungen. Der inzwischen 88-Jährige galt lange Jahre als eine Art „Graue Eminenz“ im SPD-Sumpf der Hansestadt. Ermittelt werde zudem gegen eine Hamburger Finanzbeamtin, die für die in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelte „Warburg“-Bank zuständig war.
Vielleicht hofft Laschet auf ein altes Sprichwort: Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her… (oys)