Eines seiner wenigen politischen Lebenszeichen gab Friedrich Merz (65/CDU), der vermeintliche Lordsiegelbewahrer des Konservatismus in der Union, dieser Tage auf dem Spartensender »Phoenix« – also unter Ausschluss der breiteren Öffentlichkeit. Sein Auftritt war gleichermaßen nichts- wie vielsagend.
Nichtssagend insofern, als der Sauerländer die Frage, wieviel Merz-Handschrift eigentlich in dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU stecke, geflissentlich überging.
Vielsagend deshalb, weil Merz sich »sehr zufrieden« äußerte über die Worthülsen (»gemeinsam für ein modernes Deutschland«) und voll des Lobes war mit Blick auf die seiner Meinung nach gute Balance zwischen Ökonomie und Ökologie. Es klang ein wenig, als wollte der Sauerländer sagen: Hallo, habt Ihr mich denn ganz vergessen? In dieses Bild fügt sich ein Interview dieser Tage in der »FAZ« ein. Fast flehentlich bettelte Merz um Aufnahme in das Wahlkampteam von CDU und CSU: »Ich möchte gerne zu der Mannschaft gehören …«
Hört man sich unter Merz-Getreuen um, so schwindet dort die Zuversicht, dass der ewige Unterlegene im Rennen um die CDU-Führung (respektive Kanzlerkandidatur) noch eine herausragende Rolle bei der Wahlkampfplanung von CDU-Chef Armin Laschet spielen dürfte. Es heißt, es gebe (Stand vergangene Woche) bislang weder eine Terminplanung aus der Parteizentrale für große Wahlkampfauftritte mit Merz noch einen Fahrplan für die Vorstellung des Laschet-Wahlkampfteams, dem Merz an exponierter Stelle (Wirtschaft/Finanzen) angehören sollte, wie es noch vor Wochen propagiert wurde.
Fakt ist: Unter jüngeren Wirtschaftspolitikern in CDU und CSU ist man ohnehin nicht übermäßig begeistert, dass Merz aus der politischen Versenkung geholt werden soll. Die Zukunft in Partei und Kabinett, so hört man immer wieder, gehöre anderen. Soll heißen: Uns!
CSU-Chef Markus Söder stichelte jüngst im Talk mit »Bild«: Die Erfahrung, »die Friedrich Merz aus den 90er-Jahren als aktiver Politiker hat, hilft uns bestimmt.« Mehr Mann von gestern geht nun wirklich nicht!
Dass Merz endgültig kaltgestellt werden soll bzw. es schon ist, legen weitere Indizien nahe:
- Laschet heuerte als Wahlkampberaterin die frühere »Bild«-Chefredakteurin Tanit Koch an. Die 44-Jährige gilt nicht als Merz-Fan. Ihr wird zudem ein enges Verhältnis zur Merkel-Vertrauten Beate Baumann nachgesagt. Daraus darf man gewiss den einen oder anderen Rückschluss ziehen – auch im Hinblick darauf, wie lang der Arm des Kanzleramtes noch immer ist. Dass es zur politischen DNA von Angela Merkel (CDU) gehört, ein Comeback ihres Erzfeindes Merz um jeden Preis zu verhindern, wird nun ernsthaft niemand abstreiten wollen.
- Trotz aller peinlichen Anbiederungen des Ex-Fraktionschefs gegenüber den »Grünen« (grünes Samtjackett/grüne Krawatte) dürften die Öko-Sozialisten einen Finanz- und/oder Wirtschaftsminister Merz in einem schwarz-»grünen« Bundeskabinett zu verhindern trachten. Das weiß auch Laschet. Ob es überhaupt noch zu dieser politischen Konstellation nach der Bundestagswahl (26.September) kommt – darauf will in der Hauptstadt niemand mehr wetten. Unter Polit-Insidern wird inzwischen eine Dreierkoalition aus Union, SPD und FDP heiß gehandelt. In einem solchen sogenannten Deutschland-Bündnis (Schwarz-Rot-Gelb) wäre für Merz erst recht kein Platz. Man darf davon ausgehen, dass dann die SPD wiederum das Finanzministerium für sich reklamieren wird – was im Umkehrschluss bedeuten könnte, dass die Liberalen darauf bestehen werden, den Wirtschaftsminister zu stellen.
Kurzum: Wenn nicht alles täuscht, ist für Friedrich Merz, bis vor kurzem noch die große Hoffnung der CDU-Basis, in der deutschen Politik nichts mehr zu holen! (oys)