Seit ihrer Nominierung zur »Grünen«-Kanzlerkandidatin kommt Annalena Baerbock aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus. Dieser Tage veröffentlichte die »Welt« einen Artikel mit dem Titel: »Die Vergangenheit, über die Annalena Baerbock nicht gern spricht«. Die Spur führt ins brandenburgische Rotlicht-Milieu.
In dem »Welt«-Bericht heißt es: »Damals vernachlässigte sie (Baerbock) ihre Aufsichtspflichten – und der Partei entstand ein Schaden im sechsstelligen Bereich.«
Hintergrund des »Welt«-Artikels ist das am 14. Juni veröffentlichte Buch von Baerbock »Jetzt. Wie wir unser Land erneuern«.
In diesem Buch stellt Baerbock sich selbst und ihre politischen Erfahrungen dar – darunter die Zeit als Landesvorsitzende in Brandenburg. Der »Welt« ist jedoch aufgefallen, dass eine entscheidende Episode aus dieser Zeit in Baerbocks Schilderung fehlt.
Gemeint ist ein 2011 bekannt gewordener Fall von Veruntreuung von Parteigeldern durch den damaligen Landes-Schatzmeister der Öko-Sozialisten, Christian Goetjes. Im Frühjahr 2011 war Goetjes abgetaucht, nachdem er 40.000 Euro vom Konto des »Grünen«-Landesverbands abgehoben hatte. Nach einer Fahndung per Haftbefehl wurde er verhaftet und ab November 2011 wurde ihm der Prozess vor dem Landgericht Potsdam gemacht.
Welche Rolle spielte Baerbock?
Die Ermittlungen ergaben: Zwischen Januar 2009 und Februar 2011 hatte Goetjes etwa 270.000 Euro aus den Kassen des Landesverbandes und des Kreisverbandes Oberhavel entwendet. Aufgefallen war das vor Goetjes Abtauchen angeblich niemanden – auch nicht der damaligen Co-Landesvorsitzenden Baerbock. Im Gegenteil: Der Betrug wurde laut »Welt« durch »Kontrollversagen« erleichtert!
Mit den Geldern hatte sich Goetjes demnach mehrere Prosituierte aus Bulgarien gefügig gemacht und selbst womöglich als Zuhälter agiert. Das Landgericht Potsdam verurteilte den »Grünen«-Politiker im Dezember 2012 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren.
Allerdings hinterfragte das Gericht auch die Rolle der damaligen »Grünen«-Landesführung. Baerbock selbst hatte als Zeugin in dem Prozess vorgesprochen und sich und die Partei laut »Welt« als Opfer dargestellt. Der Ex- Schatzmeister habe »Graubereiche genutzt«. Zudem basiere die Parteiarbeit stets »in gewissem Maße auf Vertrauen«. Das reichte dem Gericht als Erklärung nicht aus. In seinem Urteil kam das Gericht zu dem Schluss, dass dem Angeklagten »die Taten durch die insoweit nicht ausreichenden Kontrollmechanismen seitens der Partei Bündnis 90/Die Grünen sehr leicht gemacht wurden«.
Eine parteiinterne Untersuchung fiel kurz und knapp aus. Mit den Eltern von Goetjes wurde eine Vereinbarung über eine Kompensationszahlung von 65.000 Euro getroffen. Auf weitere Ansprüche wurde verzichtet.
Eine Nachfrage der »Welt« zur Mitverantwortung von Baerbock wurde von einer »Grünen«-Sprecherin wie folgt kommentiert:
»Der ganze Betrug wurde minutiös sowohl innerparteilich als auch in enger Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft und der Bundestagsverwaltung bei ständiger Information der Öffentlichkeit durch die damaligen Landesvorsitzenden Annalena Baerbock und Benjamin Raschke und die gesamte Partei aufgearbeitet.«
Dem widerspricht der ehemalige »Grünen«-Stadtverordnete in Potsdam und Wegbegleiter von Baerbock, Andreas Menzel, der jetzt bei den »Freien Wählern« aktiv ist.
Menzel behauptet, dass Partei- und Landespartei die Vorfälle nicht ausreichend transparent kommuniziert hätten. Stattdessen habe man eine Strategie gefahren, um dem Partei-Image und auch dem von Baerbock nicht zu schaden: »Die Strategie war ganz klar, der Landesverband hat sich als hilfloses Opfer eines systematisch vorgehenden Betrügers dargestellt.«
Teil dieser Strategie soll es dem »Welt«-Bericht zufolge gewesen sein, Baerbock aus dem Schussfeld zu nehmen. Das Springer-Blatt konstatiert: Es gebe »kaum interne Kritik« – damals wie heute nicht.
Tja, wie heißt noch gleich im Lukas-Evangelium: »Alles, was jetzt noch verborgen ist, wird eines Tages ans Licht kommen …«