Keine Wiesn in München, kein Dom in Hamburg, kein Pützchens Markt im Rheinland, keine Einnahmen: Die Corona-Hysterie bedroht die rund 5.300 Schaustellerbetriebe in ihrer Existenz. Ein Ausfall auch noch der Weihnachtsmärkte wäre für viele von ihnen der Todesstoß. Betroffene berichten von ihren Ängsten und ihrer Wut.
Es war einmal …
Peter Müller presst seinen Mund ans Mikro und startet seine Show: »Los-os-os-os«, dröhnt es verzerrt aus den Boxen, während die Bässe das Rattern seines »Melodie-Stars« auf dem Deutsch-Französischen Volksfest in Tegel übertönen. Der Berliner Schausteller, Chef eines fast 120 Jahre alten Familienunternehmens, sitzt in der Kabine seines Fahrgeschäfts. Er »rekommandiert« – so nennen die Schausteller ihre Anfeuerungsversuche und Werberufe. Für Müller ist es die Königsdisziplin seines Gewerbes. »Das hab‘ ich im Blut, da ist man ganz eng mit dem Publikum verbunden und bekommt eine direkte Reaktion«, sagt er.
AUS, VORBEI!
Peter Müller bangt wie so viele der rund 5.300 Schausteller in Deutschland um die nackte Existenz. »Bis hier hin haben wir es geschafft: über den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Nun wollen wir hoffen, dass der Betrieb irgendwie auch durch die Pandemie kommt«, sagt der 61-Jährige im Gespräch mit dem Portal ›t-online.de‹.
Müller besitzt vier Kinderkarussells, zwei größere Fahrgeschäfte und einen Eisstand. Der Familienbetrieb existiert bereits seit dem Jahr 1904. »Hoffentlich hat das alles bald ein Ende – denn hier geht es ums nackte Überleben, es geht um die Existenz.« Müller stehen die Tränen in den Augen. Wie ihm geht es den meisten Kollegen.
In keinem anderen Land haben Volksfeste eine so lange Tradition wie in Deutschland – 1.200 Jahre. Auch dies ist eine Folge der staatlich verordneten Corona-Hysterie: Langsam, aber sicher stirbt ein Stück unserer Kultur!
Allein im vergangenen Jahr hatten noch 6,3 Millionen Menschen das Oktoberfest in München besucht, das größte Volksfest der Welt. Es zieht Touristen aus Fernost, den USA und aus ganz Europa an. Auf der Theresienwiese, wo jetzt normalerweise mit dem Aufbau begonnen würde, herrscht eine gespenstische Leere.
Vergnügungsparks dürfen öffnen – Jahrmärkte nicht
»Im Moment steht alles still«, sagt Müller im Gespräch mit ›t-online.de‹. Seine laufenden Kosten muss er von seinen Ersparnissen bezahlen: Karussell-Abnahme, Fahrzeug-Abnahme, vier Anhänger, die Versicherungen der vier Anhänger. Alles in allem gut 2.000 Euro monatlich. Und dabei geht es seiner Firma vergleichsweise noch gut. Im Gegensatz zu vielen anderen Schaustellern kann Müller wenigstens noch teilweise arbeiten. Mit dem »Ludwigsland« in Ludwigsfelde (Brandenburg) hat er sich einen kleinen Rummel aufbauen dürfen. Zäune, Absperrbänder und Warnschilder inklusive. Das Land Brandenburg erteilte ihm die Genehmigung. »Hätten wir das nicht tun können, weiß ich gar nicht, wie es hätte weitergehen sollen«, sagt Müller, der anders als die meisten seiner Kollegen Glück hatte.
Die Schausteller sind verbittert. Denn es gibt keine logische Erklärung dafür, warum Vergnügungsparks öffnen dürfen, Jahrmärkte und Rummelplätze aber nicht. Ein Ausfall jetzt auch noch der Weihnachtsmärkte wäre für viele Betriebe der Todesstoß durch Insolvenz.
Michael Roden ist Vorsitzender der Schausteller in Berlin. Der 57-Jährige hat zwei Kinder und führt seinen Eventbetrieb in der vierten Generation. Seine Biergärten, sein Catering, seine Verlosungen – alles dicht. »Über die Hälfte, also über 100 unserer Mitglieder, haben aktuell gar kein Einkommen. Im Schaustellergewerbe sind die finanziellen Einnahmen um 90 Prozent eingebrochen«, erklärt Roden, als er vor seinem Imbiss auf dem Berliner Ku’damm steht. Eine Notlösung, um etwas dazuzuverdienen.
Im rot-grün-stasiroten Berlin ist es für die Schausteller besonders schwierig. Die Behörden sind kaum bereit, begrenzte Zulassungen zu genehmigen. »Gründe werden uns nicht genannt. Gerade der Bezirk Mitte mit unserem Festplatz tut sich schwer«, berichtet Roden. Dort gab es zuletzt eine Corona-Teststation, die inzwischen wieder abgebaut wurde. Frühlingsfest und Sommerfest wurden abgelehnt.
Jetzt gibt es nur noch eine Hoffnung. »Wir brauchen die Weihnachtsmärkte in Berlin«, fordert Roden. »Das ist der letzte Strohhalm, an den wir uns klammern. Wenn die Weihnachtsmärkte nicht durchführbar sind, dann wird es in unserer Branche, die 1.200 Jahre alt ist, viele Insolvenzen geben. Das wäre der Todesstoß für unser Gewerbe.«