Wer ist privilegiert, wenn in einer Notlage, zum Beispiel bei einer Epidemie, nicht ausreichend viele Intensivbetten zur Verfügung stehen? Das Bundesverfassungsgericht hat die sogenannte Triage unter die Lupe genommen und die 2022 während der Corona-Hysterie vom Deutschen Bundestag beschlossenen Regelungen zur medizinischen Einteilung von Patienten hinsichtlich ihrer Überlebenschancen für nichtig erklärt (AZ: 1 BvR 2284/23 und 1 BvR 2285/23).
Es geht dabei um Vorgaben für ärztliches Personal, wie über die Reihenfolge der Behandlung von Patienten zu entscheiden ist, wenn die Intensiv-Kapazitäten nicht für alle ausreichen. Der Bundestag hatte seinerzeit mit der Mehrheit der Ampel-Koalition entschieden, dass über die medizinische Versorgung „nur aufgrund der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit“ zu entscheiden sei – also nicht nach Lebenserwartung oder Grad der Gebrechlichkeit.
Zwei Verfassungsbeschwerden von Notfall- und Intensivmedizinern hatten Erfolg, wie das Bundesverfassungsgericht mitteilte. Die Mediziner sahen mit der Regelung im Infektionsschutzgesetz ihre Berufsfreiheit verletzt. Dieser Rechtsauffassung schloss sich das höchste Gericht an. Ärztinnen und Ärzte obliege im Rahmen therapeutischer Verantwortung auch die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Heilbehandlung. Ein gesetzlicher Eingriff des Bundes sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Bund habe diesbezüglich keine Gesetzgebungskompetenz.
Das Wort „Triage“ stammt übrigens vom französischen Verb „trier“, das „sortieren“ oder „aussuchen“ bedeutet. Es beschreibt, dass medizinisches Personal in Notsituationen die Entscheidung darüber trifft, in welcher Reihenfolge Menschen geholfen bzw. nicht geholfen wird.