Die Stimmung unter den 120.000 VW-Beschäftigten ist am Siedepunkt, seit bekannt ist, dass mindestens drei VW-Werke in Deutschland dicht gemacht und Zehntausende Mitarbeiter entlassen werden. Derweil meldet der Konzern neue, noch katastrophalere Zahlen zum Gewinneinbruch. In der Wirtschaft geht die Angst vor einem Domino-Effekt um.
Bundesweit protestieren VW-Mitarbeiter gegen das angekündigte Job-Massaker bei Europas größtem Autobauer und gegen die Sparpläne des Vorstandes (18 Prozent weniger Geld).
Von „Polit-Versagen“ ist auf den Versammlungen die Rede, von einer „Sauerei“, einem „Weihnachtsschock“ und von „Existenzsorgen“. Kommt es jetzt zum offenen Arbeiter-Aufstand?
Die VW-Beschäftigten haben heftigen Widerstand bis hin zu Werksbesetzungen angekündigt. „Wir müssen noch 20 Jahre lang unser Haus abbezahlen“, sagt ein Familienvater (Lackierer). Ein Verwaltungsangestellter: „Ich habe Existenzangst. Ich bin jetzt über 50, wie soll ich noch einen Job finden? Für mich hat ganz klar die Politik versagt.“
Gewinn bricht noch stärker ein
Jetzt die nächste Hiobsbotschaft: Der VW-Gewinn bricht noch dramatischer ein als befürchtet! Der angeschlagene Autobauer verzeichnet im dritten Quartal einen Gewinnrückgang von 63,7 Prozent auf 1,57 Milliarden Euro, wie der Volkswagen-Konzern am Mittwoch (30. Oktober) mitteilte. Der Grund seien zu hohe Kosten (u.a. Energie) und der schwächelnde China-Markt.
Handel, Gastronomie, Steuern: Angst vor Domino-Effekt
Das VW-Beben hat Job-Ängste und Verunsicherung nicht nur unter den rund 120.000 Beschäftigten an den deutschen Standorten ausgelöst. Auch außerhalb der Werkstore wachsen die Sorgen. Werksschließungen und Massenentlassungen könnten schnell zu einem Domino-Effekt führen, der die ganze Wirtschaft über die jeweiligen Regionen hinaus in Mitleidenschaft ziehen könnte. Denn:
► Betroffen wären auch die Zulieferer von Volkswagen. Verlieren sie Aufträge, sind in der Folge bei kleinen und mittelständischen Unternehmen die Jobs ebenfalls nicht mehr sicher.
► Ein Abwärtsstrudel, der dann schnell Einzelhandel, Dienstleister und Gastronomie in den betroffenen Regionen und darüber hinaus mitreißen würde (z.B. Stahlindustrie, Metallbau, Elektrohersteller).
► An den zehn deutschen Standorten (u.a. Wolfsburg, Osnabrück, Salzgitter, Emden, Zwickau) machen die Gewerbesteuer-Einnahmen von VW einen wesentlichen Anteil am gesamten kommunalen Steueraufkommen aus. Bei der großen VW-Krise 2015 (Diesel-Skandal) hatten sich die Gewerbesteuer-Einnahmen etwa in Baunatal (Hessen) mehr als halbiert, in Salzgitter waren sie um rund 40 Prozent eingebrochen. Bedeutet: Noch weniger Investitionen in die regionale Infrastruktur (u.a. Schulen), Schließung von Schwimmbädern und Theatern.
Automobilverband: Es kommt noch dicker!
Laut Bundesagentur für Arbeit arbeiten rund 911.000 Menschen in der Automobil-Industrie. Das sind schon jetzt fast 50.000 weniger als vor fünf Jahren. Durch den E-Auto-Irrsinn sind bis 2035 weitere 140.000 Jobs gefährdet, warnt eine Prognos-Studie aus Basel, die der Verband der Automobil-Industrie (VDA) in dieser Woche vorstellte. Die möglichen Folgen des VW-Bebens sind darin noch gar nicht berücksichtigt, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller.