von Franz Ludwig Dannecker
In Personalfragen pflegt die Europäische Union einen ganz eigenen Humor. Anders ist kaum zu erklären, dass der CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier (60) die Rolle zugefallen ist, als Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit einer Rüge wegen ihrer intransparenten und zwielichtigen Milliardenverträge mit dem Corona-Impfstoffhersteller Pfizer zu drohen.
Ausgerechnet Monika Hohlmeier – die abgestürzte einstige CSU-Hoffnungsträgerin mit Karriere-Endstation im Diätenparadies des EU-Parlaments, die selbst knietief im Corona-Skandalsumpf steckt. Freilich nicht in der Liga der Frau von der Leyen, die mit Pfizer-Chef Albert Bourla persönlich einen 35-Milliarden-Deal über die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen des mRNA-„Impfstoffs“ eingefädelt und mit ihrer Weigerung, Einzelheiten der Verhandlungen und ihre SMS-Korrespondenz mit dem Pharma-Boss offenzulegen, die europäische Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen hat.
Bei Monika Hohlmeier, der Tochter des unvergessenen CSU-Patriarchen Franz Josef Strauß, die in den viel zu großen Schuhen des Vaters mittlerweile auf dem Straßburg-Brüsseler Abstellgleis gelandet ist, sieht alles eine Nummer kleiner aus, aber kaum weniger dubios und unappetitlich.
Millionen für minderwertige Masken
Immerhin: Für rund 700 Millionen Euro hat die Schweizer Handelsfirma Emix in der ersten Phase der „Pandemie“-Panik im Frühjahr 2020 mehreren deutschen Gesundheitsministerien, darunter dem Bundes- und dem bayerischen Landesministerium für Gesundheit, minderwertige Masken zu überhöhten Preisen und andere „Schutzausrüstung“ angedreht. Die märchenhafte Gewinnspanne soll bei nahezu 50 Prozent gelegen haben. Ein stattlicher Anteil von geschätzten 48 Millionen Euro dürfte dabei in den Taschen der Vermittlerin und Lobbyistin Andrea Tandler und ihres Geschäftspartners gelandet sein.
Tatkräftig geholfen hat der Tochter des früheren bayerischen Finanzministers Gerold Tandler dabei eine gute Freundin aus den Zeiten, als beider Väter noch in Amt und Macht waren: Strauß-Tochter Monika Hohlmeier. Selbst will sie zwar nichts kassiert haben, gab sie im Masken-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags die verfolgte und zugeknöpfte Unschuld.
Die Ermittler haben auch keine Hinweise auf persönliche Bereicherung gefunden; ein Schelm, wer anderes vermutet. Der entscheidende Punkt ist: Hohlmeiers Einfluss hat dafür gesorgt, dass die Freundin und rührige Einfädlerin mit ihrem Anliegen in München und Berlin offene Türen vorfand und in den Ministeretagen gleich ganz nach oben durchgestellt wurde.
Man kennt sich, man hilft sich
Man kennt sich, man hilft sich, das bewährte Amigo-Prinzip, das den CSU-Filz in Bayern groß gemacht hat. Die bauernschlaue Tochter des großen Strippenziehers Strauß versucht sich gern in diesem Spiel und ist auch sonst einer deftigen Portion Vetternwirtschaft nicht abgeneigt, wenn sich die Gelegenheit bietet.
2013/14 profitierte ihre Tochter Michaela Hohlmeier davon; Mutter Monika vermittelte ihr und ihrer Firma „bavarianXperts e.K.“ Gespräche bei Vertretern der EU-Kommission. Organisiert und koordiniert wurden diese Termine dem Vernehmen nach von Mitarbeitern ihres offenkundig unterbeschäftigten EU-Abgeordnetenbüros.
Vom Deutschland-Kurier auf diesen Vorwurf des Missbrauchs von Parlamentsressourcen angesprochen, ließ Monika Hohlmeier ihr Büro nichtssagend und ausweichend antworten. Praktisch übrigens: Töchterleins Firma beschäftigt sich unter anderem damit, Jugendlichen aus dem EU-Ausland bei der Jobvermittlung nach Deutschland zu helfen – dafür gibt’s mit Sicherheit ebenfalls EU-Fördertöpfe, die sich an passender Stelle anzapfen lassen.
Die selbstherrliche Vermengung von Privatem und Öffentlichem zieht sich wie ein schwarzer Faden durch den Weg Monika Hohlmeiers, die als einziges der drei Kinder von Franz Josef Strauß auch selbst die politische Laufbahn eingeschlagen hat.
Steile Karriere – steiler Absturz
Eine steile Karriere schien vorgezeichnet für die ehrgeizige und intelligente Strauß-Tochter, die schon mit 18 auf seinen Plakaten für die Kanzlerwahlkampagne 1980 posiert und den kraftvollen CSU-Chef nach dem Tod der Mutter häufig als Ersatz-„First Lady“ begleitet hatte: Landtagsmandat 1990, Staatssekretärin 1993, fünf Jahre später dann Kultusministerin unter Strauß-Nachfolger Edmund Stoiber. Der Aufstieg zur ersten Ministerpräsidentin des Freistaats schien damals bereits ausgemachte Sache.
Die landespolitische Karriere hat sie indessen selbst rasch zerstört. Was sie mit Fleiß und penibler Arbeitswut, die ihr auch Kritiker attestieren, erreicht hatte, hat sie mit Ungeschick und unbeherrschter Machtgier noch rascher verspielt. Schon durch ihre Ministerzeit zog sich eine Spur von Peinlichkeiten und kleinkarierten Affären, von der willkürlich verweigerten Fotografen-Rechnung über zweifelhafte Beförderungen von Weggefährten bis zur missglückten Schulreform.
Hohlmeiers Skandalregister
Schon 2005 war es mit der landespolitischen Karriere vorbei: Monika Hohlmeier stürzte über die im Sommer 2004 bekannt gewordene Affäre um gekaufte Stimmen, gefälschte Mitgliederlisten und manipulierte Wahlen im von ihr geführten CSU-Bezirksverband München. Zwielichtige Gefolgsleute und Wasserträger Hohlmeiers hatten versucht, sich mit gefälschten Aufnahmeanträgen und an der Parteizentrale vorbeigeschleusten Geistermitgliedern ihre Machtbasis zu sichern.
Für den damaligen Münchner CSU-Fraktionschef Hans Podiuk gab es „keinen Zweifel, dass sie die Organisatorin dieser Machenschaften war“. Er habe gleich zum Staatsanwalt gehen wollen, Hohlmeier habe ihn zurückgepfiffen.
Mit der „Dossier-Affäre“ war dann endgültig der Ofen aus: Hohlmeier hatte versucht, parteiinterne Kritiker mit aus der Tasche gezogenen Dossiers über deren Verfehlungen – „gegen jeden von euch gibt es was“ – unter Druck zu setzen. Ministerpräsident Stoiber, selbst politischer Ziehsohn von Franz Josef Strauß, zwang sie zur öffentlichen Entschuldigung. Wenig später entzog er ihr ganz die Rückendeckung, da war nach dem schon 2004 verlorenen Parteivorsitz in der Landeshauptstadt dann auch der Posten am Kabinettstisch weg.
Hohlmeier hatte in krankhaftem Ehrgeiz und Selbstüberschätzung zu hoch gepokert. Dem Patriarchen-Papa hätte die Partei solche Methoden durchgehen lassen, der Aufsteiger-Tochter nicht. Ihr fehlte nicht nur die unbestrittene Machtposition des verehrten Vaters, sondern auch der klare und respektgebietende politische Kompass.
„Das Flattern gelernt, aber nicht das Fliegen“
Politik war mehr oder minder ihr einziger Lebensinhalt geworden, aber ein gefestigtes politisches Weltbild geht ihr ab. Was ein mit der Familie vertrauter Rechtsanwalt über ihren wegen Steuerhinterziehung verurteilten Bruder Max sagte, trifft auch auf Schwester Monika zu: Vom Vater, dem Überflieger und Hobby-Piloten Franz Josef Strauß, hat sie „das Flattern gelernt, aber nicht das Fliegen“.
Dass Monika Hohlmeier durchaus über rhetorisches Talent verfügt und bei ihren Auftritten den Vater gerne imitiert, reicht als Ausgleich nicht. Der schwere Vaterkomplex, den sie mit sich herumträgt, stand ihr zeitlebens im Wege und verführt sie zu kleinlichen Racheakten und überheblichen Fehlleistungen. Die Kampagne „Franz Jose Strauß würde AfD wählen!“ des „Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ verleitete sie zu der Sottise, Strauß hätte selbstverständlich Markus Söder gewählt und sich auch mit Angela Merkel prächtig verstanden.
Was der „Grünen“-Fresser Franz Josef Strauß über die Masseneinwanderungskanzlerin Merkel gedacht hätte, mag sich jeder selbst ausmalen. Ein Söder wäre unter ihm vermutlich gar nichts geworden. Eher schon passt der opportunistische Totengräber der CSU zu Monika Hohlmeier selbst, die sich in den viel zu großen Schuhen des Vaters problemlos umdrehen kann, ohne auch nur die Richtung der Schuhe zu wechseln – so hätte es wohl FJS selbst ausgedrückt.
Last Exit Straßburg
Mit dem Wiedereinzug in den Landtag, der ihr zwischenzeitlich sogar einen nach ihr benannten Untersuchungsausschuss gewidmet hatte, wurde es 2008 dann auch nichts mehr. Um überhaupt noch als Listenkandidatin antreten zu können, musste sie nach dem Totalabsturz in München zum Bezirk Oberbayern wechseln. Monika Hohlmeier hatte in der Heimatregion verbrannte Erde hinterlassen, nicht mal der krisengeschüttelte TSV 1860 München, in dessen Aufsichtsrat sie noch bis 2007 saß, wollte sie nach ihrem Ausscheiden noch entlasten.
Als letztes Rettungsboot blieb, wie für so viele gescheiterte und ausrangierte Politiker, das EU-Parlament als Versorgungsplätzchen. Um dorthin gewählt zu werden, musste Monika Hohlmeier sich abermals einen neuen Bezirksverband suchen und auf der Oberfranken-Liste kandidieren. Seit 2009 gehört sie nun also dem Straßburg-Brüsseler Parlamentszirkus an, ist Mitglied im Haushaltsausschuss und im „Sonderausschuss gegen organisiertes Verbrechen, Korruption und Geldwäsche“ – bei einer Politikerin, die aus der alten Filz-CSU stammt und in ihrem politischen Leben vor allem mit Affären, Intrigen und Vetternwirtschaft von sich reden gemacht hat, klingt das fast schon nach höherer Ironie.
Die zweifelhaften Schlagzeilen sind ihr auch im EU-Parlament treu geblieben, mal eine Immunitätsaufhebung wegen Fahrerflucht-Ermittlungen, und zuletzt eben die bayerische Maskenaffäre. Inhaltlich ist weniger von ihr zu hören. Was auch – Monika Hohlmeier ist flexibel bis zur Rückgratlosigkeit. Sie singt, anders als ihr Vater, auch gerne das Lied des Mainstreams und findet nicht nur Merkel gut, sondern auch den UN-Migrationspakt.
Flexibel und ohne Rückgrat
Ohne Bedenken stimmte sie zum Beispiel für die faktische Abschaffung des Verbrennungsmotors und damit auch für die Deindustrialisierung Bayerns, das gleich zwei Premium-Autohersteller beherbergt und unter Franz Josef Strauß zum modernen Industrieland geworden war. FJS bekommt zum Glück nicht mehr mit, was seine Tochter so an seltsamen Positionen vertritt. Wäre es anders, müsste er wohl im Grabe rotieren.
Die große politische Bühne ist weg; geblieben ist, glaubt man Schilderungen aus ihrem Umfeld, der überhebliche Ehrgeiz, das Fehlen jeder reflektierten Selbstkritik, ein krankhaftes Misstrauen und ein cholerisches Temperament, die eine tiefsitzende Unsicherheit überdecken sollen. Ausbaden müssen das in der Regel die Mitarbeiter, die sie Insidern zufolge gern auch vor Dritten maßregelt und niedermacht. Auch das ist nichts Neues; schon zu ihrer Zeit als Ministerin häuften sich in ihrem Umfeld die Klagen, dass gestandene Beamte „wie Schulbuben abgekanzelt“ würden.
Es schwankt zwischen absurd und tragisch, wie sich in Monika Hohlmeiers Kielwasser die vergeudeten Talente, Chancen und Ressourcen häufen. Zum Mitleid besteht dennoch kein Anlass. Wann immer Monika Hohlmeier, die im vergangenen Juli ihren sechzigsten Geburtstag hatte, in ihrer Laufbahn gescheitert und falsch abgebogen ist: Sie hatte es sich noch jedesmal selbst zuzuschreiben. (eck)