Es war eine Randnotiz, schnell zu überlesen, die diese Woche im „Spiegel“ aufmerken ließ. In einem zweiseitigen Bericht über das Chaos auch in der Parteizentrale der CDU zitiert das Hamburger Gerüchtemagazin „jemand aus der engsten Parteiführung“ mit den Worten: Die CDU müsse mit Blick auf die unsicheren Zeiten und das Gerumpel der Ampelkoalition von heute auf morgen kampagnenfähig sein, falls es zu Neuwahlen komme…
Hinter den Hauptstadtkulissen wird also schon über die Möglichkeit von Neuwahlen geflüstert. Doch wie realistisch ist solch ein Szenario überhaupt?
Mit dem Atom-„Machtwort“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist es jedenfalls nicht unwahrscheinlicher geworden, dass die Tage der vor knapp einem Jahr mit großem „Fortschritts“-Getöse angetretenen Chaos-„Ampel“ gezählt sind. Nur muss das nicht zwangsläufig Neuwahlen bedeuten.
Dagegen würden aus heutiger Sicht allein schon die aktuell miesen Umfragewerte für SPD und FDP sprechen, und auch bei den „Grünen“ (18 Prozent mit fallender Tendenz) wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel, während die AfD innerhalb weniger Wochen auf 15 Prozent zugelegt hat.
Fakt ist allerdings auch:
Durch den Atomstreit ist die „Ampel“ nach nicht mal einem Jahr massiv beschädigt. Der „grüne“ Altlinke Jürgen Trittin sieht die Koalition in ihren Fundamenten erschüttert: „Wenn getroffene Verabredungen, zum wiederholten Male im Übrigen, seitens der FDP nicht eingehalten werden, der Bruch dieser Vereinbarungen dann vom Kanzler per Machtwort versucht wird durchzusetzen, dann sind die Grundlagen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in dieser Koalition – ich sag es mal so – einem extremen Stresstest ausgesetzt.“
Hohe Hürden für Neuwahlen
Wie gesagt: Ein Bruch der Koalition bedeutet nicht zwingend, dass es zu Neuwahlen kommen muss. Auf dem Weg dorthin wären hohe Hürden zu überwinden. Denn: Der Deutsche Bundestag hat kein Recht zur Selbstauflösung. Und der Kanzler kann mit dem konstruktiven Misstrauensvotum nach Artikel 67 des Grundgesetzes nur gestürzt werden, wenn der Deutsche Bundestag zeitgleich einen anderen Regierungschef wählt. Das ist vorliegend ein auszuschließendes Szenario.
Letztlich würde der Schlüssel zu Neuwahlen bei Scholz selber und beim Bundespräsidenten liegen. Der Weg dorthin ist in Artikel 68 der Verfassung vorgegeben: „Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen.“
Frank-Walter Steinmeier „kann“ den Bundestag dann auflösen, um Neuwahlen herbeizuführen – er muss es nicht. Denn auch ein anderer Weg wäre möglich: Scholz merkelt sich mit einer rot-„grünen“ Minderheitsregierung weiter durch, die sich ihre Mehrheiten von Fall zu Fall sucht. Der Niedergang Deutschlands würde sich noch einmal rasant beschleunigen! (oys)