In der Hauptstadt hält sich hartnäckig das Gerücht, die CDU habe eine neue Führung. Seit Friedrich Merz im Februar per Briefwahl als Nachfolger des Totalversagers Armin Laschet zum Parteichef gewählt wurde. Wie gesagt: Nur ein Gerücht…
Denn von „Führung“ kann in der Chaos-Union weit und breit nicht die Rede sein. Das hat die Unterwerfung des Parteitags am vergangenen Wochenende in Hannover unter den linksgrünen Zeitgeist (Frauenquote) eindrucksvoll bewiesen. Die Idee dazu hatte übrigens noch Amtsvorvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Dass Merz diesen linksideologischen Unsinn nicht stoppte, zeugt einmal mehr von seinem Opportunismus.
Die wenigen in ihrem Innersten noch bürgerlich-konservativ denkenden und fühlenden Christdemokraten, die mit Merz auf eine Erneuerung gehofft hatten, sind allerspätestens seit dem Kongress in Hannover, dem ersten Präsenzparteitag nach drei Jahren, maßlos enttäuscht.
Viele hatten anfangs eine Art Odysseus in Merz gesehen, einen Helden, der nach seiner Rückkehr aus der politischen Versenkung mit eisernem Besen Ordnung schafft. Doch im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale, schlurfen noch immer Altkader und Paladine aus der Merkel-Ära über die Gänge. Sie treiben, wie der groteske Bremer Parteitagsbeschluss zur Einführung der Frauenquote gezeigt hat, Merz vor sich her.
„Genosse Günther“ ist der heimliche Parteichef
Als heimlicher Parteichef gilt ohnehin der linksgrüne schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (Spitzname: „Genosse Günther“). Auf ihn dürfte es wohl auch hinauslaufen als Kanzlerkandidat spätestens 2025.
Merz macht sich derweil zum Gespött der Medien. „Ein Parteichef namens Friedrich Merkel!“, ätzte unlängst in der „Welt“ deren Unionsexperte Robin Alexander. Sein (scheidender) „Bild“-Kollege Ralf Schuler brachte es in einem Gastbeitrag für die schweizerische „Weltwoche“ auf den Punkt: „Merz merkelt!“ Genauer gesagt: Der Sauerländer wurschtelt sich durch. Sich nur nicht festlegen lassen oder gar bei einer eigenen Meinung ertappt werden. Als er im ARD-Sommerinterview nach der Anzahl der Geschlechter gefragt wurde, antwortete Merz ausweichend: „Mindestens zwei“.
Merz hat zwar den früheren Schäuble-Zuarbeiter Markus Kerber als „Chefstrategen“ installiert, aber der ist dem Vernehmen nach nur zwei Tage in der Woche in der Parteizentrale und soll sich, so wird aus dem Konrad-Adenauer-Haus kolportiert, zu Tode langweilen.
Sogar sein Büro ließ Merz bis vor kurzem noch von einem ehemaligen Mitarbeiter des krachend gescheiterten Ex-Generalsekretärs Peter Tauber, einem der treuesten Merkel-Paladine, leiten. Bestens arrangiert hat man sich in der Parteizentrale mit dem neuen Generalsekretär Mario Czaja vom Arbeitnehmerflügel der sogenannten Sozialausschüsse, über die sich CSU-Legende Franz Josef Strauß einmal als „Herz Jesu-Marxisten“ lustig gemacht hatte.
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Es war eine Art Anti-Merkel-Gesellschaft, die sich Ende August in einer Videoschalte zusammenfand. „Sechs Monate Friedrich Merz – schafft die CDU die Wende?“ lautete der Titel der Veranstaltung, zu der die sächsische „WerteUnion“ und der Berliner Kreis eingeladen hatten, beides Gruppierungen aus dem konservativen Spektrum der Union. Gastredner war der Politikwissenschaftler Werner Patzelt. Er warnte: Sollte es Merz nicht bald gelingen, eine Neuausrichtung der Partei hinzukriegen, werde sich in der Union „eine Welle von Frustration ausbreiten bis hin zur inneren Kündigung“.
Merz scheint derweil auf ein Wunder zu hoffen dergestalt, dass die „Ampel“-Koalition über die Energiekrise zerbricht und sich doch noch ein sogenanntes Jamaika-Bündnis mit ihm als Kanzler zusammenfindet. Deutschland käme vom Regen in die Traufe! (oys)