Eine weitere Nutzung der Kernenergie in Deutschland sei mit „höchsten Sicherheitsbedenken“ verbunden, behauptet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck („Grüne“). Das habe angeblich eine „Vorprüfung“ ergeben. Hochrangige Experten kerntechnischer Organisationen wurden aber gar nicht erst gefragt. Ganz offensichtlich, weil sie anderer Meinung sind.
Der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise haben in Deutschland die Diskussion um die friedliche Nutzung der Kernenergie neu belebt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck („Grüne“) hält hingegen auch die letzten drei der noch am Netz hängenden Reaktoren für verzichtbar: Im kommenden Winter 2022/23 würden diese Meiler „nicht helfen“, ihr Weiterbetrieb sei mit „höchsten Sicherheitsbedenken“ verbunden, unterstrich der Ökosozialist wiederholt. Dies habe eine „Vorprüfung“ ergeben.
Die Meinung wichtiger kerntechnischer Organisationen wurde bei dieser „Vorprüfung“ allerdings gar nicht erst eingeholt, erfuhr „Welt am Sonntag“. Weder die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) noch die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) seien konsultiert worden.
Dort kann man die Vorbehalte des Ministers denn auch nicht nachvollziehen. „Mir ist nicht bekannt, wie diese Vorprüfung erstellt wurde“, sagte Uwe Stoll, Technisch-Wissenschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS). „Uns hat er jedenfalls nicht gefragt.“ Die GRS ist seit 1977 Deutschlands zentrale Fachorganisation auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit.
Entgegen der Einschätzung des Ministers gibt es nach Auffassung der GRS bei einem Weiterbetrieb der Reaktoren über das gesetzliche Abschaltdatum 31. Dezember 2022 hinaus keine Sicherheitsbedenken. Wegen der bevorstehenden Abschaltung hätten die Betreiber im Einklang mit dem Atomgesetz zwar auf die letzte Sicherheitsüberprüfung verzichtet. „Die aber kann man ja nachholen“, betonte Stoll, der auch Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission ist.
In die „Vorprüfung“ hatte Habeck nur das ideologisch voreingenommene Bundesumweltministerium (BMUV) unter Leitung seiner Parteigenossin Steffi Lemke („Grüne“) eingeschaltet. Zur Begründung hieß es: „Im BMUV ist genügend eigene fachliche Kompetenz vorhanden, um die sicherheitstechnischen Folgen einer Laufzeitverlängerung zu beurteilen.“