Von Eugen Mannheimer
Am Mittwoch, dem 14. Januar 2026, 9.00 Uhr beginnt vor dem Landgericht Bamberg ein Prozess, der Rechtsgeschichte im Kampf um die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland schreiben wird. Für diesen Tag ist die Berufungsverhandlung gegen das Skandalurteil des Amtsgerichts Bamberg angesetzt. Im April diesen Jahres hatte das Amtsgericht den Chefredakteur des Deutschland-Kurier (DK) David Bendels zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil der DK mit einer satirischen Fotomontage das gestörte Verhältnis der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Meinungsfreiheit kritisiert hatte.
Das auf den Prüfstand gestellte Urteil, das in ganz Deutschland, aber auch international eine Welle der Empörung ausgelöst hatte, fasst wie in einem Brennglas das Abgleiten Deutschlands in einen links-woken Gesinnungs- und Gouvernantenstaat zusammen, in dem das für eine Demokratie konstituierende Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit aus mehreren Richtungen in die Zange genommen, willkürlich beschnitten und durch groteske Winkelzüge in das genaue Gegenteil verzerrt wird.
Der Ausgang des Verfahrens ist für die Zukunft der Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland von grundsätzlicher Bedeutung. David Bendels ist deshalb entschlossen, in der Berufungsinstanz „mit allen juristischen Mitteln energisch und couragiert die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland“ zu verteidigen. Er kämpfe nicht nur für sich selbst, „sondern auch für alle unabhängigen Medien in Deutschland“.
Auf dem Niveau autoritärer Bananenrepubliken
Die Staatsanwaltschaft – bekanntermaßen, auch das ein deutscher Sonderweg in der westlichen Welt, an politische Weisungen der jeweils Regierenden gebunden – ist begierig, den Chefredakteur eines unbequemen Oppositionsmediums ins Gefängnis zu bringen. Die erstinstanzlich verhängte Haftstrafe auf Bewährung war den Staatsanwälten noch zu wenig. Sie legten daher ebenfalls Berufung ein.
Sollte sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Maximalforderung durchsetzen, wäre dann beim Absturz des deutschen Rechtsstaats in der Tat das Niveau autoritärer Bananenrepubliken erreicht. Für den hellwachen Chefkommentator und „Ressortleiter Meinungsfreiheit“ der Tageszeitung „Die Welt“ war bereits die im April verhängte und noch nicht rechtskräftige Haftstrafe auf Bewährung „ein Urteil wie aus einer Diktatur“.
Kafka lässt grüßen
Der zugrundeliegende Sachverhalt ist sattsam bekannt: Eine satirische Fotomontage, die Faeser die Parole „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ zuschreibt, dieser willkürlich herangezogene Anlass reichte dem Bamberger Amtsrichter Martin Waschner für einen juristischen Generalangriff auf ein regierungskritisches Medium mit dem Ziel, dessen Chefredakteur ins Gefängnis zu bringen.
Die Urteilsbegründung ist absurd und könnte aus einer Fortsetzung von Kafkas „Prozess“ stammen: Die Fotomontage, in der auf einer realen Aufnahme auf dem von der Ministerin hochgehaltenen Schild die Botschaft „We Remember“ durch den Satz „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ ersetzt worden war, stelle eine „Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ nach dem Beleidigungsparagrafen 188 des Strafgesetzbuches (StGB) dar. Für einen Betrachter sei es nämlich nicht ohne weiteres möglich, das Meme – den „verächtlich machenden Post“, wie es das Gericht ausdrückt – als Satire zu erkennen. Deshalb sei der Beitrag „nicht durch die Meinungs- und Kunstfreiheit des Art. 5 GG gedeckt“.
Doppelbödige Argumentation
Humor, Selbstironie und die Fähigkeit, Satire als solche zu begreifen, gehören offenkundig nicht zu den Kernkompetenzen gewisser deutscher Richter. So ist auch nicht davon auszugehen, dass den Verfassern des Bamberger Urteils die Doppelbödigkeit ihrer Argumentation bewusst war: Faktisch unterstellen sie nämlich, dass die damalige Bundesinnenministerin so selbstverständlich mit Hass auf die Meinungsfreiheit in Verbindung gebracht werden könne, dass eine entsprechende Aussage gar nicht mehr als Satire zu erkennen sei.
Der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, den David Bendels für die Berufungsverhandlung zusätzlich zu den ihn vertretenden Strafrechtsexperten in sein Verteidigerteam berufen hat, geht angesichts der objektiv eindeutigen Rechtslage denn auch von einem Freispruch in der Berufungsinstanz aus. Die Entscheidung des Amtsgerichts habe nämlich „die Bedeutung der Grundrechte offensichtlich und in grundlegender Weise verkannt und wird daher aufzuheben sein“.
In der Hand links-„grüner“ Aktivisten
Allerdings weiß nicht nur der Volksmund, dass der Mensch „vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand“ sei und der Ausgang eines Verfahrens daher niemals hundertprozentig vorhersagbar ist. Zumal ein Bürger, der in die juristischen Mühlen des Feldzugs der Mächtigen gegen die Meinungsfreiheit gerät, sich vor Gericht immer öfter in den Händen links-„grüner“ Aktivisten wiederfindet, die sich den Buchstaben des Gesetzes nach ihren Präferenzen zurechtbiegen.
Vosgerau betont daher die Bereitschaft, das Verfahren bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel durchzufechten: „Wir sind selbstverständlich darauf vorbereitet, Herrn Bendels auch noch weiter in einem Revisionsverfahren, bei einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht und einer Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu vertreten; ich erwarte jedoch nicht, dass dies erforderlich sein wird.“
„Völlig neue, rechtlich unsinnige Maßstäbe“
An der überragenden und wegweisenden Bedeutung des Ausgangs dieses Verfahrens für die Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland und damit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit selbst hegt Vosgerau keinen Zweifel. „Deutschland ist in den letzten Jahren zu einem links-utopischen Erziehungsstaat geworden, in dem unproduktive Minderheiten – vor allem in staatlich finanzierten NGOs und zahlreichen Medien, v.a. dem öffentlich-rechtliche Rundfunk – als eine Art politische Polizei auftreten, die den Rahmen des Sagbaren vorgibt“, schreibt Vosgerau auf der Plattform „X“.
Schon seit geraumer Zeit könne man beobachten, dass „die Meinungsfreiheit überall stark beschnitten wird, ein dichtes Netz von Denunziations- und Meldestellen errichtet wurde, Staatsanwaltschaften und v.a. erstinstanzliche Gerichte gegenüber politischen Äußerungen von Bürgern völlig neue, rechtlich unsinnige Maßstäbe zur Anwendung bringen“.
Beispielsweise würden objektiv grundlose Hausdurchsuchungen inzwischen routiniert als „erzieherische Begleitmaßnahme“ bei Ermittlungsverfahren wegen reinen Meinungsäußerungen eingesetzt; und dies würde in erstinstanzlichen Verfahren vor den Amtsgerichten auch immer wieder gebilligt.
Exekutive Willkür
In einem funktionierenden Rechtsstaat ist es ein absolutes Tabu, Ermittlungsmaßnahmen – Hausdurchsuchungen zum Beispiel oder die Beschlagnahme von Kommunikationsgeräten als Beweismittel – zur Abschreckung und Einschüchterung einzusetzen, gewissermaßen als von der Exekutive in eigener Machtvollkommenheit und an der Justiz vorbei verhängte de-facto-Strafen.
Die Hemmschwellen für solche Willkür sind in den letzten Jahren dramatisch gefallen. Nicht nur die frühere Bundesinnenministerin Faeser (SPD), auch das CSU-geführte bayerische Justizministerium oder der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU), der wie seine Amtskollegen oft und gerne als „Aktionstage“ beschönigte Serien von Razzien „gegen Hass und Hetze“ veranstaltet, haben sich immer wieder in diesem Sinne geäußert.
Die drei feixenden Staatsanwälte der niedersächsischen „Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet“, die sich in der US-amerikanischen TV-Sendung „60 Minutes“ prächtig darüber amüsierten, was für einen „Schock“ und eigentlich schon eine „Bestrafung“ es für die Betroffenen doch sei, wenn die Polizei das Mobiltelefon wegnehmen, haben auch international Kopfschütteln über diese seltsamen Praktiken im besten Deutschland, das es jemals gab, ausgelöst.
Gummiparagraphen für ein Gesinnungsstrafrecht
Den Vorwand für derartige Willkürmaßnahmen liefern insbesondere zwei Paragraphen im Strafgesetzbuch, die seit den Merkeljahren zügig zu einem regelrechten einseitigen Gesinnungsstrafrecht „gegen rechts“ ausgebaut worden sind. Zum einen ist dies der „Majestätsbeleidigungsparagraph“ 188 StGB, der „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“ gesondert unter Strafe stellt. Die dadurch geschaffene Privilegierung von Politikern gegenüber Normalbürgern, denen der allgemeine Beleidigungsparagraph 185 StGB genügen muss, wird im Gesetz mit der schwammigen Einschränkung begründet, die inkriminierte Äußerung müsse „öffentlich“ getätigt worden und geeignet sein, „die öffentliche Betätigung des Betroffenen deutlich zu beeinträchtigen“.
Erheblich größere Sprengkraft und Missbrauchsgefahr liegt in der einseitigen Anwendung des § 130 StGB, der die sogenannte „Volksverhetzung“ unter Strafe stellt. Formal soll der Paragraph greifen, wenn „in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“, zu Hass, Gewalt oder Willkür „gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ aufgestachelt wird oder entsprechende Inhalte verbreitet werden.
Allzweckwaffe „Volksverhetzung“
Schon in diesen interpretationsbedürftigen vagen Formulierungen liegt gewaltige Missbrauchsgefahr. Die ungleiche Anwendung des Paragraphen ist bereits im Gesetzestext angelegt. Ausdrücklich wird die Billigung, Leugnung, Rechtfertigung oder Verherrlichung von NS-Herrschaft und NS-Verbrechen unter Strafe gestellt. Für kommunistische oder andere Diktaturen und ihre mörderischen Verbrechen gilt Entsprechendes dagegen nicht. Eine Ampel-Novelle vom Oktober 2022 stellt in einem neuen Absatz 5 auch „das öffentliche Billigen, Leugnen und gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafe. Damit kann bei Bedarf die ganz große Keule gegen alle geschwungen werden, die das offizielle Schwarz-Weiß-Narrativ zu Schuld und Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg in Frage stellen.
Das macht den zweckentfremdeten Gummiparagraphen zur Allzweckwaffe für die Zensur tagespolitischer Auseinandersetzungen und insbesondere im „Kampf gegen rechts“, in dem die etablierte Politik, ihre Vorfeldorganisationen und ein unüberschaubarer Sumpf steuerfinanzierter Pseudo-„Nichtregierungsorganisationen“ um die Absicherung der „grün“-linken Diskurshegemonie ringen.
Republik der Meldestellen und Denunziantenportale
Die Annahme, mit dem Wechsel zu einer CDU-geführten Bundesregierung würde an dieser Front zumindest teilweise Entspannung eintreten, war von vornherein naiv. Ungeachtet folgenloser Wahlkampfmanöver wie der zu einiger Popularität gelangten „551 Fragen“ zum Unwesen der links-„grünen“ staatsfinanzierten „Nichtregierungsorganisationen“ sind die Unionsparteien fest in die repressive Einheitsfront eingebunden.
Bei der Umwandlung Deutschlands in eine autoritäre Republik der Meldestellen und Denunziationsportale sind CDU und CSU nicht etwa Bremser, sondern vielmehr Vorreiter. Unter einer CDU-Landesregierung wurde beispielsweise die ob ihrer Umtriebigkeit besonders berüchtigte Meldestelle „Hessen gegen Hetze“ geschaffen. Diese Denunziationszentrale lieferte nicht nur die Vorlage für den Strafantrag der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen den DK-Chefredakteur David Bendels, aufgrund dessen die Bamberger Prozesse in Gang gesetzt wurden.
Dieselbe Meldestelle gab auch das Stichwort für die „Schwachkopf“-Razzia gegen den Rentner Stefan Niehoff, der den Rachedurst des seinerzeitigen „grünen“ Vizekanzlers Robert Habeck mit dem Teilen eines Memes erregt hatte, das den Wirtschaftszerstörungsminister mit einem persiflierten Markenlogo als „Schwachkopf Professional“ bezeichnet hatte.
Ausweitung der Kampfzone
Auf „Hessen gegen Hetze“ geht schließlich auch die Hausdurchsuchung gegen Professor Norbert Bolz zurück, dem wegen der satirischen Zuspitzung einer im totalitären Duktus gehaltenen Schlagzeile der linksradikalen „taz“ der groteske Vorwurf einer „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ gemacht wurde.
Mit dem rücksichtslosen Vorgehen gegen einen angesehenen Professor der Medienwissenschaften hatte der juristische Kampf der Mächtigen gegen die Meinungsfreiheit der Bürger eine neue Stufe erreicht. Die Kampfzone war damit auch aus dieser Richtung auf die Freiheit der Wissenschaften offiziell ausgeweitet. Niemand, der sein grundgesetzlich verbrieftes Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch nimmt, soll sich noch sicher fühlen, weder einfacher Bürger noch prominente Persönlichkeit, lautet die unverhohlene Botschaft.
Schwarz-Rot erhöht die Schlagzahl
Soll Deutschland wieder ein echter, freiheitlich verfasster Rechtsstaat werden, müssten Sonder- und Gesinnungsstraftatbestände wie der „Majestätsbeleidigungs“- und der „Volksverhetzungs“-Paragraph konsequenterweise aus dem Rechtssystem verschwinden. Beide wurden in den Ampeljahren inflationär verschärft und aufgebläht.
Die Klingbeil-Merz-Regierung hat diese Fehlentwicklung nicht nur nicht korrigiert, sondern sogar noch beschleunigt. Unter schwarz-roten Vorzeichen rutscht unser Land noch rasanter in die Abgründe der Gesinnungsdiktatur und der juristischen Kriegsführung der Mächtigen gegen die bürgerlichen Freiheiten. Der repressiven Phantasie beim Straffziehen der Ketten sind dabei offenbar keine Grenzen gesetzt. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, den „Volksverhetzungs“-Paragraphen 130 StGB noch weiter zu verschärfen. Mehrfache Verurteilung wegen „Volksverhetzung“ soll nach dem Willen der Koalition den Entzug des passiven Wahlrechts nach sich ziehen, also des Verbots von Kandidaturen bei demokratischen Wahlen. Der „Volksverhetzungs“-Paragraph würde damit zu einem weiteren Kampfmittel bei der Durchsetzung eines Quasi-Parteienverbots gegen die immer stärker werdende Oppositionskraft AfD, deren aussichtsreiche Kandidaten dann durch willkürlich herbeigeführte Serienverurteilungen aus dem politischen Wettbewerb herausgeschossen werden könnten. Noch grotesker ist der Vorschlag der saarländischen Justizministerin Petra Berg (SPD) an die Justizministerkonferenz, den ohnehin fragwürdigen Straftatbestand der „Politikerbeleidigung“ auch auf Journalisten auszudehnen, mithin auch Journalisten – gemeint sind selbstverständlich die linientreuen Vertreter der Mainstreammedien – unter den Schutz des „Schwachkopf“-Paragraphen 188 StGB zu stellen.
„Wir lieben die Meinungsfreiheit und wir kämpfen für die Meinungsfreiheit!“
Auch deshalb geht es in der Berufungsverhandlung gegen die Verurteilung des DeutschlandKURIER-Chefredakteurs David Bendels um weitaus mehr als um den absurden Strafantrag einer bereits abgewählten Ministerin. Der Wind der Repression weht seit dem Regierungswechsel sogar eher noch schärfer.
„Wir kämpfen insofern nicht nur für uns selbst, sondern auch für alle unabhängigen Medien in Deutschland“, erklärt David Bendels deshalb aus gutem Grund: „Die in Artikel 5 des Grundgesetzes verbürgte Presse- und Meinungsfreiheit ist ein Abwehrrecht gegenüber einem übergriffigen Staat und einer Justiz, die offenbar jedes Maß verloren hat.“
Der Appell des DK-Chefredakteurs muss deshalb zum Schlachtruf eines jeden Journalisten werden, der seinen Beruf noch ernst nimmt: „Wir lieben die Meinungsfreiheit und wir kämpfen für die Meinungsfreiheit!“