Lobbyismus-Skandal um Merz-Minister Weimer: „Eindruck einer Käuflichkeit oder Vorteilsnahme“

Der Lobbyismus-Skandal um den CDU-nahen Kultur-Staatsminister und Merz-Vertrauten Wolfram Weimer steht für so ziemlich alles, was man mit dem Altparteien-System verbindet: Amigo-Sumpf, Gier, maßlose Überheblichkeit. Die Rede ist sogar von Korruptionsvorwürfen.

Der Druck auf Kultur-Staatsminister Weimer (der alle Vorwürfe bestreitet) nimmt zu. Der im Kanzleramt angesiedelte Talk-Partner von ZDF-Hetzer Jan Böhmermann wird zunehmend zum Problem für Friedrich Merz (CDU).

Von SPD-Vize Ralf Stegner kommen deutliche Worte: „Für Herrn Weimer gilt: Als Regierungsmitglied hat er besondere Verantwortung dafür, dass gar nicht erst der Eindruck einer Käuflichkeit oder Vorteilsnahme entsteht.“ Nicht alles, was nicht verboten sei, sei in der Politik auch angemessen, betonte Stegner.

Sven Lehmann („Grüne“), Vorsitzender des Bundestags-Kulturausschusses, erklärte: „Jede Unklarheit über mögliche Interessenvermischungen beschädigt die Glaubwürdigkeit des Amtes und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit.“

Hintergrund ist: Die „Weimer Media Group“ soll, wie berichtet, auf dem von ihr etablierten Netzwerk „Ludwig-Erhard-Gipfel“ am Tegernsee Unternehmen gegen hohe Geldsummen von bis zu 80.000 Euro exklusiven Zugang zu Bundesministern und „Einfluss auf politische Entscheidungen“ angeboten haben. Die Veranstaltung versteht sich als Forum der „Elite aus Wirtschaft, Politik, Medien und Wissenschaft“.

Steigen Markus Söder und die CSU-Amigos aus?

Laut dem Landeswirtschaftsministerium hat Bayern Innovativ, eine Tochter der staatlichen Förderbank LfA, den Gipfel in den Jahren 2022 bis 2025 mit insgesamt 455.000 Euro gefördert. Allein der „Staatsempfang“ im Rahmen des „Ludwig-Erhard-Gipfels 2025“ kostete die Steuerzahler im Freistaat laut Medienberichten knapp 40.000 Euro.

Zumindest die Teilnahme von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der einst in dem illustren Event am Tegernsee „das bayerische Davos“ kommen sah, wie auch die Teilnahme von Söder-Ministern am Weimer-„Gipfel“ sind nun fraglich. Das Wirtschaftsministerium teilte dem „Bayerischen Rundfunk“ (BR) mit: „Innerhalb der Staatsregierung wird die Teilnahme von Regierungsmitgliedern derzeit überprüft.“

Darüber hinaus stellt die bayerische Staatskanzlei die finanzielle Unterstützung des Freistaats für den „Gipfel“ in Frage: „Die Staatsregierung hat eine interne Compliance-Prüfung zum Ludwig-Erhard-Gipfel veranlasst. Dabei werden auch aktuelle Medienberichte über angebliche Angebote und Leistungen berücksichtigt.“

Weimer schaltet Promi-Anwalt ein

Weimer bestreitet die Vorwürfe und hat die Berliner Promi-Kanzlei Schertz Bergmann (Schwerpunkt Presse- und Persönlichkeitsrecht) eingeschaltet. Diese erklärte, Weimer sei an „keinerlei Entscheidungsprozessen“ beteiligt gewesen. Weimer selbst sagte der „FAZ“, der Vorwurf, dass er Einfluss auf politische Entscheidungsträger verkaufe sei, „schlicht eine Lüge“, gegen die er sich juristisch zur Wehr setzen werde.

Fakt ist allerdings: Weimer ist nach Angaben eines Unternehmenssprechers weiterhin zu 50 Prozent an der „Weimer Media Group“ beteiligt, profitiert also mindestens mittelbar von deren Geschäften – auch wenn er keine Stimmrechte ausübt.

Wie tief steckt Merz im Weimer-Sumpf?

Der Lobbyismus-Skandal um Weimer könnte nach Einschätzung politischer Beobachter in der Hauptstadt auch Merz gefährlich werden. Denn es war der Kanzler selbst, der seinen Buddy Weimer ins Amt gehievt hat. Fotos zeigen beide (Weimer im rosaroten Anorak) beim vertrauten Plausch vor sonniger Alpenkulisse.

Unter der Überschrift „Die Tegernsee-Connection“ schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ anlässlich des jüngsten „Erhard-Gipfels“ im April 2025: „Gespräche am Golfplatz, Gesinnung, Geburtstag: Wie Wolfram Weimer zum Kulturstaatsminister unter Friedrich Merz aufstieg…“.

Für das liberal-konservative Portal „Tichys Einblick“ war schon vor einem Monat klar: „Wolfram Weimer ist in seinem Amt keinen Tag länger tragbar. Mit jedem Tag wächst der Schaden – und zieht Friedrich Merz noch tiefer hinein. Aus einem persönlichen Fehltritt ist ein politischer Amigo-Fall geworden, der längst die gesamte Regierung belastet.“

Seinerzeit ging es um den Vorwurf massiver Urheberrechtsverstöße ausgerechnet des Mannes, der bei der Frankfurter Buchmesse mit Blick auf KI-Unternehmen einen „geistigen Vampirismus“ beklagt hatte. Weimers Debattenportal „The European“ soll über Jahre hinweg Reden, Pressemitteilungen, Newsletter und Social-Media-Posts übernommen haben. Dokumentiert sind Fälle, in denen das Weimer-Magazin Reden etwa von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Annalena Baerbock („Grüne“), Newsletter von Merz, Interviews von Olaf Scholz (SPD), Pressemitteilungen des ifo-Instituts oder Facebook-Beiträge von Alice Weidel kopierte – häufig ohne jede Kennzeichnung.

Knapp 100 Artikel wurden allein unter dem Namen von AfD-Chefin Alice Weidel veröffentlicht, gleichzeitig wurde sie als „Autorin“ des Portals geführt – ohne ihr Wissen und ohne Einwilligung. Weidel ging dagegen juristisch vor – mit Erfolg: Die „Weimer Media Group“ gab laut „NiUS“ eine vollumfängliche Unterlassungserklärung ab.

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