Gastkommentar von Einar Koch: Merz ist ein Volksverarschungskanzler

„Lügenkanzler“ war gestern, meint DK-Gastautor Einar Koch. Für den früheren „Bild“-Politikchef ist Friedrich Merz (CDU) inzwischen ein „Volksverarschungskanzler“. Seit seinem Auftritt in der ARD in dieser Woche sprenge der CDU-Wahlbetrug alle Dimensionen, meint der Autor. Die Wähler würden „nach Strich und Faden verarscht“.

VON EINAR KOCH*

Armut für alle!

„Lügenkanzler“ nannte Alice Weidel (AfD) den Regierungschef im Deutschen Bundestag. Das klang fast schon nett, ein wenig nach Schwindelbaron Merzhausen. Spätestens seit dieser Woche hat der Wahlbetrug eine neue Dimension: Friedrich Merz (CDU) ist nicht nur ein „Lügenkanzler“ – er ist ein Volksverarschungskanzler! Weil die Deutschen nicht nur belogen, sondern auch nach Strich und Faden verarscht werden.

Mit einem „Wohlstandsversprechen“ (CDU-Wahlprogramm) war Unions-Kanzlerkandidat Merz angetreten – Zitat: „Leistung muss sich wieder lohnen.“ Nicht zu vergessen: „Unser Ziel für die Sozialversicherungsbeiträge: Wir wollen uns wieder auf die 40 Prozent hinbewegen.“

In der ARD leistete der Kanzler diese Woche seinen endgültigen Offenbarungseid: Die Bürger werden bei der Altersvorsorge, bei Gesundheit und Pflege viel tiefer in die Taschen greifen müssen. Das bedeutet, dass es zusätzlich zu den Beiträgen weitere Formen der Selbstbeteiligung für Versicherte geben wird. Das wiederum bedeutet nichts anderes als Beitragserhöhungen durch die Hintertür.

Merz sagt es inzwischen ganz offen: „Unsere Bevölkerung wird für Rente, für Altersversorgung, unsere Bevölkerung wird für die Gesundheit und für die Pflege in Zukunft mehr vom verfügbaren Einkommen aufwenden müssen.“ Im Klartext: Die Nettogehälter der Deutschen werden sinken! Merz vergaß zu sagen: „Nun seien Sie doch nicht so larmoyant!“

„Lüge“ war das gebrochene Versprechen bei der Stromsteuer, das gebrochene Versprechen „ausnahmsloser“ Zurückweisungen von illegalen Migranten. Na und? Wie versprochen, so gebrochen – in der Politik nichts Neues und nichts Ungewöhnliches.

Wer jedoch seit dem Auftritt von Merz in der Sendung „Miosga“ noch vom „Lügenkanzler“ spricht, ist ein Verharmloser. Was jetzt erkennbar wird, sind die Umrisse nicht nur eines Wahlbetruges, sondern eines gigantischen Volksbetruges – mehr noch: einer in diesem Ausmaß nie dagewesenen Volksverarschung!   

Merz hat nicht nur eine weitere Kehrtwende vollzogen, er hat einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Aus Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ wird künftig „Armut für alle“ – mit immer weiter steigenden Steuern und Abgaben (teils direkt, teils durch die Hintertür).

Im Frühjahr, mit Beginn seiner Kanzlerschaft, hatte Merz eine Stimmungsaufhellung für den Sommer versprochen. Dann in der Sommerpause einen „Herbst der Reformen“. Das Erstere ist ausgeblieben, wie allein die jüngsten Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt und vor allem aus der Autoindustrie zeigen; das Zweite ist abgesagt. Aus dem „Herbst der Reformen“ ist der „Herbst der Kommissionen“ geworden, der Vertagungen auf Sankt Nimmerlein.

Entlarvend war, was Merz auf die Frage von Caren Miosga sagte, wann die versprochenen Reformen kommen würden: „Ja, welche meinen Sie?“, antwortete er.

Das erinnert an Loriot: „Ja, wo laufen sie denn…“. Ja, wo laufen sie denn, die Reformen: Vielleicht das sogenannte Bürgergeld, Herr Merz? Oder eine große Steuerreform („Leistung muss sich lohnen“)? Oder eine Rentenreform, welche die aufgetürmten Hypotheken angesichts ausbleibender „Fachkräfte“ nicht allein künftigen Generationen aufbürdet?

Eher nicht dürfte die Moderatorin mit ihrer Frage nach Reformen die Milliarden für fragwürdige Entwicklungshilfeprojekte, die Zig Millionen für linksgrüne NGOs oder die rund 600.000 Euro gemeint haben, für die sich Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) einen Hof-Fotografen leisten will.

Merz schiebt das Totalversagen von Schwarz-Rot auf die Weltlage (die zu verschärfen seine Regierung alles tut). Sicher, da kann man schon mal den Überblick verlieren über den Reformstau. Aber selbst eine Mini-Reform, die Merz versprochen hatte, steht offenbar vor dem Aus: Mit einer Steuerentlastung für Rentner wollte Merz schon ab kommendem Jahr dem Arbeitsmarkt zusätzliche Fachkräfte zuführen. Dafür sollten Rentner bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen können. Doch „Fotomodellminister“ Klingbeil sperrt sich; die für den heutigen Mittwoch geplante Entscheidung im Kabinett wurde verschoben.

FAZIT: Diese Regierung bekommt außer der Wahl einer linksextremen Juristin zur Richterin am Bundesverfassungsgericht und noch mehr Milliarden für die Ukraine nichts, aber auch gar nichts auf die Reihe. Doch, fast hätte ich es vergessen: Den Ausbau der Straßeninfrastruktur kriegen Merz & Co. auch hin – in Ostafrika!

 

*Einar Koch, Jahrgang 1951, war von 1992 bis 2003 Leiter der Parlamentsredaktion der „Bild“-Zeitung in Bonn und Berlin, Politik-Chef des Blattes und zuletzt Politischer Chefkorrespondent.

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