Deutschland am Tag nach der Wahl: Halbe Gewinner, ganze Verlierer und ein strahlender Wahlsieger

Sieger sehen anders aus. Formal haben Friedrich Merz und die Unionsparteien die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar als stärkste Fraktion im 21. Deutschen Bundestag gewonnen und können das Amt des Bundeskanzlers beanspruchen. Die unzufriedenen Gesichert des CDU-Chefs und seines CSU-Rivalen Markus Söder sprachen schon am Wahlabend Bände: Wer als nomineller Oppositionsführer angesichts einer historisch gescheiterten und vorzeitig zerbrochenen Regierungskoalition gerade mal gut vier Prozentpunkte zulegt und mit 28,5 Prozent weit unterhalb selbst der Dreißig-Prozent-Marke steckenbleibt, ist bestenfalls ein halber Sieger.

Die lauernden Blicke, die der NRW-Ministerpräsident und Merkel-Getreue Hendrik Wüst, Wortführer des schwarz-„grünen“ Lagers in der Union, beim Gruppenfoto am Wahlabend auf den Kanzler in spe warf, gaben einen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen, die der Union im Ringen um die neu zu verteilenden Posten in Kabinett und Fraktion bevorstehen. Auf einer eigenen Pressekonferenz mahnte Wüst die „politische Mitte“ zu „Kompromissen“ und zum „Brückenbauen“.

Lauernde Blicke auf Merz

Von seinen markigen Wahlversprechen wird Merz kaum etwas durchsetzen können; die zentralen Probleme des Landes – Massenmigration, Erosion der inneren Sicherheit, Steuerausplünderung, Deindustrialisierung durch „Klimaschutz“-Wahn und „Energiewende“ sowie außenpolitische Isolation – wird er auch als Kanzler kaum lösen können.

Am dritten Jahrestag des offenen Kriegsausbruchs in der Ukraine stellt sich die Union mit grotesken Siegesparolen verbissen auf die Seite der Kriegsverlängerer. Statt den Kurswechsel in der US-Politik zur überfälligen Abkehr von Maximalpositionen zu nutzen, richtet Merz noch vor der Kanzlerwahl in grotesker Selbstüberschätzung und Verkennung der Lage weitere Kampfansagen an die neue US-Regierung.

An der „Brandmauer“ festgekettet

Auch ohne solche selbstauferlegte Zusatzhypotheken ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die angestrebte Kanzlerschaft des Friedrich Merz Episode bleiben dürfte. Zwar sind sowohl die FDP als auch die Wagenknecht-Partei BSW an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, so dass die Mehrheitsverhältnisse im neugewählten Parlament knapp für ein schwarz-rotes Bündnis reichen würden. Einfach werden sich die Koalitionsverhandlungen, die Merz zügig schon bis Ostern abgeschlossen wissen will, dennoch nicht werden.

Weil Friedrich Merz sich weiterhin demonstrativ an das linke „Brandmauer“-Dogma kettet, bleibt ihm das Bündnis mit der vom Wähler regelrecht zertrümmerten SPD als einzige Option. Die Sozialdemokraten, die unter ihrem vorerst wohl letzten Kanzler Olaf Scholz eine historische Wahlniederlage kassiert haben, werden sich das teuer bezahlen lassen.

Bleierne „GroKo“-Jahre

Deutschland stehen erneut bleierne „GroKo“-Jahre bevor – dabei klingt es schon wie Hohn, das Bündnis des halben Wahlsiegers Union mit der krachend  auf 16,4 Prozent abgestürzten SPD, die zusammen mit Ach und Krach auf 45 Prozent der Stimmen kommen, überhaupt noch als „Große Koalition“ zu bezeichnen.

Wenn es überhaupt eine Koalition gibt, die das Prädikat „groß“ verdient, dann wäre es ei von Merz kategorisch ausgeschlossenens schwarz-blaue Bündnis von Union und AfD. Wer an diesem Nachwahlmontag strahlende und selbstbewusste Wahlsieger sehen wollte, der musste den Auftritt der AfD-Führungsspitze im großen Saal des Hauses der Bundespressekonferenz verfolgen.

Unbestrittener Gewinner AfD

AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel und Co-Parteivorsitzender Tino Chrupalla wurden von einem Großaufgebot an deutscher und internationaler Presse belagert, als stünden sie schon an der Schwelle zum Kanzleramt. Die Alternative für Deutschland ist der unbestrittene Gewinner der vorgezogenen Bundestagswahl, in der sich eine tektonische Verschiebung der deutschen Parteienlandschaft ankündigt.

Mit 20,8 Prozent hat die AfD ihren Stimmenanteil glatt verdoppelt. Bei deutlich auf 82,5 Prozent gestiegener Wahlbeteiligung brachte sie mehr als zehn Millionen Wähler hinter sich. Der Abstand zur Union beträgt weniger als acht Prozentpunkte. Als zweitstärkste Fraktion entsendet die AfD 152 Abgeordnete in den 21. Deutschen Bundestag, 69 mehr als in der vorangegangenen Wahlperiode. Rund 90 Abgeordnete – 60 Prozent der Fraktion – sind neu im Bundestag.

Stärkste Kraft im Osten

Im Osten der Republik ist die AfD mit Abstand stärkste Kraft vor der CDU und stärker als alle Ampelparteien zusammen. Sie gewinnt in den fünf Ländern 45 von 48 Direktmandaten und erzielt im Länderschnitt Ergebnisse nahe oder sogar über 40 Prozent. Auch im Berliner Osten gewinnt der innenpolitische Sprecher Gottfried Curio in Marzahn erstmals ein AfD-Direktmandat. Souveräne Ergebnisse kann die AfD auch im Westen erreichen; in den südlichen Flächenländern Bayern und Baden-Württemberg wird sie zweitstärkste Kraft nach der Union mit Ergebnissen nahe der Zwanzig-Prozent-Marke.

Parteisprecher Tino Chrupalla, der sein Direktmandat in Görlitz mit 48,9 Prozent der Erststimmen gewonnen hat, sieht die undemokratische „Brandmauer“ der CDU damit faktisch als erledigt und leitet daraus einen Regierungsanspruch auf Länderebene ab. Den bekräftigt Kanzlerkandidatin Alice Weidel auch auf Bundesebene.

„Unsere Hand bleibt ausgestreckt“

Merz werde scheitern, weil er mit einer Linksregierung den Anspruch auf einen „Politikwechsel“ nicht erfüllen könne; bei der nächsten Bundestagswahl werde die AfD dann auch die Union überholen. Die Bürger hätten ein klares Votum für eine nicht-linke Regierung abgegeben. Die AfD sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, um den Willen der Wähler umzusetzen: „Unsere Hand bleibt immer ausgestreckt.“

Dem CDU-Vorsitzenden, der diese Hand nicht ergreifen will, sitzt nicht nur die AfD im Nacken, sondern auch die eigene Partei; im Westen die „grün“-fixierten Merkelianer um den NRW-Ministerpräsidenten Wüst, im Osten die von der AfD überrollten mitteldeutschen Landesverbände, und im Süden der bayerische Rivale Markus Söder.

Was plant Wendehals Söder?

Dessen CSU hat zwar alle 47 Direktmandate in Bayern gewonnen, darf aber wegen der Wahlrechtsänderung der Ampel entsprechend ihrem Zweitstimmenanteil, der hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, nur 44 Abgeordnete in den Bundestag entsenden. Berlin-Insider spekulieren hinter vorgehaltener Hand, wenn Merz scheitere, sei es Söder zuzutrauen, selbst die „Brandmauer“ einzureißen und als erster mit der AfD zu paktieren. Darin könnte für den notorischen Wendehals die einzige Chance liegen, doch noch seine Kanzler-Ambitionen zu verwirklichen.

Das haarscharfe Scheitern des BSW an der Fünf-Prozent-Hürde sehen AfD-Strategen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der Niedergang des kernsozialistischen, von den Medien zur AfD-Konkurrenz hochgeschriebenen autoritären Personenkult-Projekts, das sich mit erratischen Kursschwenks und der Anbiederung als Mehrheitsbeschaffer für die Etablierten nach Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg unglaubwürdig gemacht hatte, löst zunächst Genugtuung aus.

Wagenknecht-Projekt am Ende

Unter taktischen Gesichtspunkten hätte der Wiedereinzug des BSW für die AfD dennoch auch Vorteile gehabt: Die Union wäre zu einem noch linkeren und noch wackeligeren Dreierbündnis gezwungen worden, und eine BSW-Fraktion hätte zudem die Option geboten, mit der erforderlichen Abgeordnetenzahl Untersuchungsausschüsse beispielsweise zur Corona-Aufarbeitung oder zur Aufklärung des Nordstream-Anschlags einzusetzen. Zum erforderlichen Quorum von einem Viertel der Abgeordneten fehlen der AfD trotz ihrer jetzigen Stärke lediglich sechs Mandate.

Sahra Wagenknecht, die ihr politisches Schicksal zuvor an den Einzug des BSW in den Bundestag aus eigener Kraft geknüpft hatte, verlegt sich angesichts des knappen Scheiterns – es fehlten nur etwa 14.000 Stimmen – auf wenig überzeugende Medienschelte und Kritik am komplizierten Parteienrecht und zieht eine Wahlanfechtung in Betracht.

Rückkehr der roten Zombies

Bitter nicht nur für Wagenknecht ist der Wiederaufstieg der schon totgeglaubten SED-PDS-„Linke“, die mit 8,8 Prozent und vier Direktmandaten in Berlin mit Fraktionsstärke in den Bundestag zurückkehrt. Die von SPD und „Grünen“ als verzweifeltes Manöver in Gang gesetzte aggressive „Kampf gegen rechts“-Kampagne mit ihrer maßlos überzogenen Rhetorik hat offenbar vor allem der kommunistischen „Antifa“-Partei und ihrer radikalen Spitzenkandidatin genützt.

Mit ihr bekommen auch eingefleischte linksextreme Antisemiten, Israel-Hasser und Pro-„Palästina“-Agitatoren wieder Raum im Parlament. Dem Zentralrat der Juden und seinen Wortführern sollte das mehr zu denken geben als die Wahlergebnisse der AfD, vor denen sie reflexhaft wieder einmal „warnen“.

Das Debakel der „grünen“ Sekte

Die „grüne“ Sekte ist mit 11,6 Prozent auf den harten Kern ihrer Gläubigen zurechtgestutzt worden. Ihr überheblicher „Kanzlerkandidat“ Robert Habeck hat eine vernichtende Niederlage eingefahren, die noch peinlicher ausfällt als das blamable Abschneiden von Annalena Baerbock bei der Bundestagswahl 2021.

Habeck vermeldet zwar mit beleidigter Miene, keine Ämter mehr anzustreben. Aus dem Spiel ist er damit freilich ebensowenig wie die „Grünen“ selbst, die sich mit ihrem steuerfinanzierten Lobby-Netzwerk den Staat höchst effektiv zur Beute gemacht und auch dafür gesorgt haben, dass die Finanzströme auch weiter üppig fließen.

Vor dem selbstverschuldeten Untergang steht dagegen die FDP, die mit 4,3 Prozent klar und hochkant aus dem Bundestag geflogen ist. Ob es noch ein Comeback gibt, ist mehr als fraglich. Wolfgang Kubicki, der zunächst ebenso wie Parteichef Christian Lindner seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte, machte eine Kehrtwende und will sich doch um den Parteivorsitz bewerben.

FDP vor dem Untergang

Alarmiert hat ihn offenkundig die Aussicht, die FDP-Führung könnte vom linken Flügel um Konstantin Kuhle, Parteivize Johannes Vogel und die zwischenzeitlich im EU-Parlament versorgte Kriegstrommlerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann übernommen werden, der bereits die gemeinsame Verabschiedung des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ mit Union und AfD hintertrieben und damit einen der letzten Nägel in den Sarg der Liberalen geschlagen hatte.

Thomas Kemmerich, der von Merkel und der eigenen Parteiführung abgekanzelte Thüringer FDP-Chef und Kurzzeit-Ministerpräsident von 2020, hat für den Fall eines solchen Linksrucks bereits die Gründung einer „neuen liberalen Partei“ angedeutet.  Kaum ein aussichtsreiches Unterfangen, solange die AfD sich treu bleibt und selbst die Fahne der Freiheit hochhält.

 

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