Der innerparteilich schwer unter Druck stehende FDP-Chef Christian Lindner hat SPD und „Grünen“ ein ab heute 89-Tage-Ultimatum gesetzt und Weichenstellungen in der Chaos-Ampel bis zum 21. Dezember gefordert. Andernfalls halte er sich alle Optionen offen. Politische Beobachter in der Hauptstadt schließen allerdings nicht aus, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) dem FDP-Chef zuvorkommt und die vier FDP-Minister im „Herbst der Entscheidungen“ (Lindner) aus der Regierung wirft.
Auf den Tag genau noch drei Monate bis Weihnachten – in der Chaos-Ampel brennt nach der Landtagswahl in Brandenburg der Baum schon jetzt lichterloh. Die FDP hält sich nach ihrer 0,8 Prozent-Pulverisierung alle Optionen offen – also auch den Ausstieg aus der Ampelkoalition. Bei den in Ostdeutschland marginalisierten „Grünen“ herrscht eine depressive „Uns-doch-egal-Stimmung“.
In Berlin tagte der Bundesvorstand der sogenannten Liberalen, das FDP-Scherbengericht. FDP-Chef Lindner kam im dunklen Rollkragenpullover zum dunklen Anzug, der Dresscode war eine eindeutige Ansage: Der „Herbst der Entscheidungen“ hat begonnen!
Von dem spricht Lindner gleich mehrfach und betont: „Klar ist: Von allen wird jetzt Mut verlangt. Mut wäre auch, wenn man die Grenzen des Möglichen erreicht und nicht den Erwartungen und Anforderungen des Landes entspricht, dann ist Mut eine neue Dynamik zu entfachen.“
► Die FDP stellt knallharte Bedingungen: Bis zum 21. Dezember müsse die Ampel zu Beschlüssen kommen – bei der Migration, in der Wirtschaftspolitik und bei der Stabilität des Haushalts. Lindner: „An diesen Fragen messen wir die Koalition.“ Mit anderen Worten: Sonst ist Schicht im Ampel-Schacht!
Scholz hat einen Plan B
Nun könnte es allerdings sein, dass sich die Dynamik anders entfaltet, als es sich Lindner vorstellt. Politische Beobachter in der Hauptstadt halten es für gut möglich, dass Kanzler Scholz dem FDP-Chef einen Strich durch die Rechnung macht und, genervt von den ewigen FDP-Querelen, die vier FDP-Minister noch vor Ablauf von Lindners Weihnachts-Ultimatum aus dem Kabinett wirft.
Bei SPD und „Grünen“ heißt es denn auch: Rot-„Grün“ könne dann als Minderheitsregierung an der Macht bleiben. Ob es dann im Frühjahr über die Vertrauensfrage des Kanzlers zu Neuwahlen kommt, dürfte wesentlich davon abhängen, wie SPD und „Grüne“ im neuen Jahr in den Umfragen dastehen.
Scholz selbst schwebt nach der Brandenburg-Wahl (die streng genommen eine Anti-Scholz-Wahl war) auf Wolke 7. Einen zusätzlichen Kick bezieht er daraus, dass seine Beliebtheitswerte zuletzt binnen einer Woche überraschend um neun Prozentpunkte nach oben geschossen sind (INSA).
„Bild“: Kanzler schaltet auf Attacke um
Scholz wisse, dass er nun kantiger auftreten müsse, schreibt die „Bild“-Zeitung. Nicht mehr nur als der Moderator einer zerstrittenen Ampel , sondern als „Anführer der SPD“. Vor Abgeordneten habe er schon mehrfach betont: Jetzt, ein Jahr vor der Bundestagswahl, sei „die Zeit gekommen“, wo er auf klare Kante umschalten kann.
Und so tönte er noch vor seinem Rückflug vom UN-„Zukunftsgipfel“ in New York: „Ich werde mit meiner Partei das wiederholen, was jetzt in Brandenburg und was bei der letzten Bundestagswahl auch gelungen ist: Nämlich, dass die SPD als stärkste Partei das Rennen macht.“
SPD und „Grüne“ wollen sich von FDP nicht vorführen lassen
„Man hat den Eindruck, Lindner legt es auf einen Koalitionsbruch an“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki. Es ist ein Gefühl, das viele bei SPD und „Grünen“ umtreibt. In beiden Fraktionen heißt es deshalb: „Wir haben die Nase voll. Warum sollen wir uns weiter von der FDP am Nasenring durch die Manege ziehen lassen?“
► Mit anderen Worten: Kanzler Scholz könnte den Spieß umdrehen und die FDP-Minister entlassen!
Bei SPD und „Grünen“ herrscht eine Stimmung, die sich am ehesten mit einem Sprichwort beschreiben lässt: „Wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her…“
Das „Weihnachtslicht“, auf das wohl auch der Kanzler insgeheim hofft, dürfte die Präsidentschaftswahl in den USA im November und ein Wahlsieg von Donald Trump sein. Scholz könnte sich dann als letzter westlicher „Staatsmann der Vernunft“ inszenieren – als „Bollwerk der Demokratie“ in einer Welt von Autokraten.
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