Exklusive Recherchen von RTL zeigen, dass viele in Deutschland anerkannte Asylbewerber und sogenannte Flüchtlinge auf Heimatbesuch fliegen. Obwohl sie doch angegeben hatten, wegen angeblicher Gefahr für Leib und Leben aus ihren Herkunftsländern geflüchtet zu sein. Der Beipackzettel-Trick mit dem „Blauen Pass“ hilft ihnen dabei.
Doch wie ist eine Heimreise etwa nach Afghanistan als „Geflüchteter“ überhaupt möglich? Wer organisiert diese Reisen? Wie groß ist die Industrie, die dahintersteckt? Die RTL-Sendung „Extra“ist diesen Fragen nachgegangen und hat die Ergebnisse monatelanger Recherchen am Dienstagabend (13. August) ausgestrahlt.
Neue Tourismus-Industrie
Der „Steindamm“ im Hamburger Stadtteil St. Georg ist für viele Afghanen offenbar ein Tor in die alte Heimat am Hindukusch: Im Umkreis weniger Hundert Meter befinden sich hier gleich mehrere Reisebüros, die für Menschen aus Afghanistan, die in Deutschland Schutz suchten und bekamen, Reisen in die alte Heimat organisieren.
Deutsche Behörden bekommen von den Reiseaktivitäten nahezu nichts mit. Sonst würden die heimreisenden Afghanen ja auch ihre Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland riskieren.
Über soziale Medien wie TikTok verbreitete Beiträge belegen aber, dass in Deutschland lebende Afghanen regelmäßig Urlaub in der alten Heimat machen. Sie posten Bilder von ihren Erlebnissen am Hindukusch.
Ist Afghanistan also sicherer als allgemein angenommen? „Viele Afghanen aus Europa gehen aktuell für Urlaub zurück. Sogar aus London, aus Deutschland, machen Urlaub“, sagt ein Afghane. Die Taliban seien „nett“, berichtet eine junge Afghanin.
Angebliches Reiseziel Iran
Die RTL-Recherchen am Hamburger Steindamm zeigen: Es handelt sich nicht etwa um wenige Einzelfälle. In Deutschland lebten im vergangenen Jahr rund 400.000 Menschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit. Jede Woche reisen nach Angaben der Reisebürobetreiber allein über Hamburg Hunderte Afghanen mit sogenannten „Blauen Pässen“ in ihr Herkunftsland. Diese speziellen Reiseausweise bekommen in Deutschland anerkannte „Asylberechtigte“ oder „Flüchtlinge“ als Ersatz für den Reisepass aus dem Herkunftsland ausgestellt. Damit fliegen Afghanen via Iran bis nach Afghanistan. „Machen wir. Kein Problem“, heißt es auf Nachfrage immer wieder aus verschiedenen Reisebüros.
Die Reisebüros sowie die Reisenden bedienen sich dabei mithilfe der iranischen Behörden eines Tricks: Sogenannte „Double Entry Visa“ ermöglichen eine Afghanistan-Reise mit Zwischenstopp in Iran. Der Iran wird den deutschen Behörden – etwa bei der Aus- und Einreise am deutschen Flughafen – als angebliches Zielland angegeben. Die Reiseroute lautet in Wirklichkeit aber: Hamburg – Teheran – Kabul – Teheran – Hamburg.
Der Zettel-Trick
Um die deutschen Behörden zu täuschen, werden die Visa, anders als üblich, nicht in die Pässe geklebt, sondern lediglich als loses Blatt Papier wie ein Beipackzettel eingelegt. Die Stempel der Grenzbehörden werden auf diese Weise nicht in den blauen Reisepass gestempelt, sondern nur auf das lose Blatt Papier, welches vor der Rückreise nach Deutschland rechtzeitig entsorgt werden kann. Das eigentliche Zielland Afghanistan wird so bei der Wiedereinreise nach Deutschland verschleiert.
Die deutschen Behörden bekommen in den meisten Fällen nichts mit. Auf die Frage, ob das Bundesinnenministerium von den Heimaturlauben weiß, schiebt Nancy Faeser (SPD) die Verantwortung ab und erklärte gegenüber RTL: „Also erstmal ist es nicht unsere Aufgabe als Bundesinnenministerium, sondern der örtlichen Ausländerbehörden, darauf zu achten, dass so was nicht passiert.“ Man werde sich das Thema aber anschauen…