VON EINAR KOCH*
Es ist ein beispielloser Vorgang: Die Bundesregierung leitet dem Deutschen Bundestag in einer bisher nicht gekannten Größe einen ungedeckten Scheck zu und leistet damit endgültig den finanzpolitischen Offenbarungseid! Der jetzt nach neuem Ampel-Gewürge verkündete neue „Kompromiss“ zum Etatentwurf für 2025 weist eine zweistellige Milliardenlücke auf, die sich nach dem Prinzip Hoffnung vielleicht (wahrscheinlich eher nicht) von selber schließt. Mehr Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament und damit gegenüber dem deutschen Volk als Souverän geht nicht!
Erinnern Sie sich noch an den Bundestagswahlkampf vor drei Jahren? „RESPEKT FÜR DICH!“ – mit diesem Motto trat Olaf Scholz (SPD) an. Wobei die Duzerei der Wähler (nicht alle sind schließlich Genossen) eigentlich schon die erste Respektlosigkeit war.
Es folgten unter Kanzler Scholz bzw. seiner Chaos-Ampel viele weitere Respektlosigkeiten: Respektlosigkeiten gegenüber Rentnern, Respektlosigkeiten gegenüber Impf-Unwilligen, Respektlosigkeiten gegenüber kaum noch über die Runden kommende Familien, Respektlosigkeiten gegenüber Kritikern des Migrations-Irrsinns – zuletzt die bisher größte Respektlosigkeit gegenüber einem der höchsten Verfassungsgüter überhaupt, der Meinungs- und Pressefreiheit.
► Wer aber denkt, es würde nicht noch mehr Respektlosigkeit gehen, der irrt: Die jüngste Respektlosigkeit ist in ihrer Dreistigkeit eine Verhöhnung des Parlaments! Die Regierung legt dem Deutschen Bundestag einen in dieser Größenordnung noch nie dagewesenen ungedeckten Haushalt vor. Wieder einmal bestätigt sich: Die FDP in Gestalt ihres Parteichefs, Bundesfinanzminister Christian Lindner, verhindert nicht das Schlimmste – sie macht das Schlimmste erst möglich!
Seit Wochen streitet die Ampel erneut über die Lücken im Haushaltsentwurf für 2025, nachdem von Lindner beauftragte Gutachter u.a. verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht hatten. Jetzt wurde ein neuer „Kompromiss“ gefunden, der nichts anderes ist als ein finanzpolitischer Offenbarungseid!
Die Kürzungen, über die wochenlang scheinbar gerungen wurde, finden nämlich bis auf ein paar Milliarden bei der ohnehin maroden Bahn nicht statt. Stattdessen greift die Ampel noch einmal ganz tief in die Trickkiste. Und der inzwischen teilweise, wenn nicht sogar weitgehend verblödete Mainstream applaudiert allen Ernstes: „Es gibt weißen Rauch aus dem Kanzleramt!“
Tricksen, Tarnen, Täuschen
Die neue Zauberformel lautet: „Bodensatz-GMA“. Dieser haushaltstechnische Begriff steht für „Globale Minderausgabe“ und ist im Grunde eine bodenlose Frechheit. Was sehr technisch klingt, hilft der Ampel jetzt, eine vorgebliche „Einigung“ beim Haushalt 2025 verkünden zu können und Einsparungen bzw. Kürzungen etwa beim „Bürgergeld“ zu umgehen. Der Trick: Die Koalition aus SPD, „Grünen“ und FDP lässt schlichtweg eine Finanzierungslücke von rund zwölf Milliarden Euro stehen und weist diese als „Globale Minderausgabe“ aus.
Die Ampel setzt dabei auf das Prinzip Hoffnung. Nämlich, dass ein Teil des Budgets für den Haushalt 2025 ungenutzt bleibt und am Ende eingespart werden kann bzw. dass die Steuereinnahmen wieder besser sprudeln als erwartet. Experten erwarten als Folge der anhaltenden Insolvenz-Rekorde allerdings das genaue Gegenteil – nämlich, dass die Steuereinnahmen drastisch wegbrechen.
„Das ist Staatspraxis, das ist Erfahrungswissen, das ist seriös“, behauptet Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner mit einer nicht zu überbietenden Chuzpe. Mit der Größenordnung einer GMA – sprich: Finanzierungslücke – von zwölf Milliarden Euro bricht die Regierung alle Rekorde, wie ein der Agentur „Reuters“ vorliegendes Schreiben zeigt.
► Mit der im Regierungsentwurf veranschlagten sogenannten „Bodensatz-GMA“ übertrifft die Ampel im Haushalt 2025 bei weitem alle Werte der vergangenen 20 Jahre, wie aus der Antwort von Finanz-Staatssekretär Florian Toncar auf eine Anfrage von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hervorgeht.
Im Kabinettsbeschluss zum Etatentwurf für den Haushalt 2025 wurde die „Bodensatz-GMA“ zunächst sogar auf 17 Milliarden Euro beziffert. Bis zur formalen Zuleitung an den Bundestag und Bundesrat sollte sie aber deutlich verringert werden. Die nun beschlossene Einigung sieht zwölf Milliarden Euro vor. Künstlich verringert wurde die Etatlücke im Kern durch Umschichtungen von Geldern für die (bundeseigene) Deutsche Bahn.
Tricksen, tarnen, täuschen – die Ampel bleibt sich treu! Man könnte es auch Wechselreiterei nennen!
*Einar Koch, Jahrgang 1951, war von 1992 bis 2003 Leiter der Parlamentsredaktion der „Bild“-Zeitung in Bonn und Berlin, Politik-Chef des Blattes und zuletzt Politischer Chefkorrespondent.