Die neutrale Schweiz richtet an diesem Wochenende (15./16. Juni) eine Ukraine-Konferenz aus. Staats- und Regierungschefs sollen in der abgeschotteten Luxusherberge „Bürgenstock Resort“ hoch über dem Vierwaldstättersee Wege zu einem „gerechten und dauerhaften Frieden“ finden. Russland ist nicht eingeladen. Schon vor Beginn des großen Palavers zeichnete sich ab, dass der sogenannte Friedensgipfel zu einer reinen Kriegsverlängerungskonferenz werden dürfte.
Kurz vor dem Schweizer Friedensgipfel für die Ukraine machte Russlands Präsident Wladimir Putin ein Waffenstillstandsangebot und nannte Bedingungen für Verhandlungen. Putin sprach von einem „weiteren konkreten und realen Friedensvorschlag“.
Im Gegenzug für eine Waffenruhe sollte die Ukraine sich aus den vier von Russland annektierten Gebieten zurückziehen und verbindlich ihren Verzicht auf einen Beitritt zur Nato erklären. Die ukrainischen Truppen müssten vollständig aus den Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja abgezogen werden, sagte Putin und betonte, dass es um die Regionen „in ihren Verwaltungsgrenzen“ gehe. Sobald Kiew dazu bereit sei und auch alle Pläne für einen NATO-Beitritt offiziell absage, werde es „sofort, buchstäblich im selben Moment“ einen Waffenstillstand und Verhandlungen geben.
Zu den weiteren Forderungen des Kreml-Chefs gehören ein nichtnuklearer Status der Ukraine, Beschränkungen ihrer militärischen Macht und der Schutz der Interessen der russischsprachigen Bevölkerung des Landes. Es gehe bei seinem Friedensvorschlag darum, den Konflikt vollständig zu beenden, versicherte Putin. Sollten die Ukraine und der Westen die russische Initiative allerdings ablehnen, würden sich die Bedingungen für einen neuen Vorschlag ändern und die Lage auf dem Schlachtfeld werde sich nicht zugunsten der Ukraine ändern. Die Verantwortung für weiteres Blutvergießen liege dann beim Westen und in Kiew.
Kiew und Westen lehnen ab
Der ukrainische Marionetten-Präsident Wolodymyr Selenskyj wies das Friedensangebot Moskaus umgehend als „nicht vertrauenswürdig“ zurück. Bei den Bedingungen handele es sich um ein Ultimatum, sagte er dem italienischen Nachrichtensender SkyTG24.
Ähnlich äußerte sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, Putin sei in keiner Position, in der er der Ukraine Friedensbedingungen diktieren könne.
Putin sieht in der Konferenz einen Trick
Deshalb dürfte die sogenannte Friedenskonferenz in der Schweiz nach Einschätzung von diplomatischen Beobachtern allein auf reine Symbolik hinauslaufen und letztlich nur dem Zweck dienen, die internationale Gemeinschaft erneut gegen Russland zu mobilisieren und Stärke gegenüber dem besser bewaffneten und zahlenmäßig überlegenen Gegner zu demonstrieren.
Putin kritisierte die Konferenz denn auch als einen weiteren Trick, um die internationale Aufmerksamkeit abzulenken, Ursache und Wirkung der Ukraine-Krise umzukehren und die Diskussion in eine falsche Richtung zu lenken. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte auch den Ort der Verhandlungen in der Nähe von Luzern. Die Schweiz sei schon lange kein neutrales Land mehr.
Wer nimmt an der Schweizer Konferenz teil?
Rund 90 Delegationen sollen angeblich ihre Teilnahme zugesagt haben. Darunter sind Schweizer Angaben zufolge Mitglieder der G20, der Schwellenländergruppe BRICS sowie auch Vertreter der EU, der UNO und des Vatikans. Ungefähr die Hälfte der Teilnehmer kommt demnach aus Südamerika, Asien, Afrika und dem Nahen Osten. Für Deutschland hat sich Bundeskanzler Scholz angemeldet. US-Präsident Biden schickt seine Stellvertreterin Kamala Harris. China und andere Länder Russland nahestehende Länder bleiben dem Treffen fern.
Wie sind die Erwartungen?
Die Erwartungen auf deutscher Seite sind gering. Man verhandele in der Schweiz nicht über das Ende des Krieges, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unlängst dem „Stern“. Bestenfalls sei es der „Einstieg in einen Prozess, der zu direkten Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland führen könnte.“ In Berliner Regierungskreisen wurde vor „übertriebenen Erwartungen“ gewarnt.
Tino Chrupalla (AfD) entsetzt
Unterdessen hat der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einem „Stern“-Interview die Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine in Betracht gezogen. AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla reagierte auf Facebook entsetzt: „Ich finde es unverantwortlich, was der ehemalige SPD-Außenminister und Vizekanzler sagt. Der Vorsitzende der Atlantik-Brücke will deutsche Soldaten auf Russland hetzen. Das ist nicht in deutschem Interesse und entspricht nicht dem Auftrag der Bundeswehr. Im Interesse unserer Bürger ist auch nicht, Russland niederzuringen, wie Gabriel fordert. Wir brauchen einen tragfähigen Frieden für Europa. Und Deutschland muss dabei mit eigener Stimme sprechen. Es geht um unseren gemeinsamen Kontinent!“