Der Verein „WerteUnion“ des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen hat mit großer Mehrheit die Gründung einer eigenen Partei beschlossen. Ob und in welcher Stärke diese konservativen Sektierer einmal in die Parlamente, insbesondere in den Deutschen Bundestag, einziehen, bleibt einstweilen dahingestellt. Demoskopen sehen die Maaßen-Truppe vorläufig nur auf Splitterparteien-Niveau. Allerdings könnten die Unions-Abtrünnigen den Christsozialen in Bayern entscheidende Zehntelprozente wegnehmen – mit der Folge, dass die CSU aus dem Bundestag fliegt!
Denn: Die im März 2023 vom Deutschen Bundestag mit Ampel-Mehrheit beschlossene und vom Bundespräsidenten zwischenzeitlich unterschriebene Wahlrechtsreform ist vor allem für die CSU eine Gefahr. Durch die sogenannte Zweitstimmendeckung wäre die Partei an eine deutschlandweite Fünf-Prozent-Klausel gebunden – ungeachtet ihrer Direktmandate.
2021 hatte die CSU diese bislang nur fiktive Hürde äußerst knapp genommen. Würde jetzt zusätzlich zur AfD und Freien Wählern (FW) auch die Maaßen-Partei in Bayern in Konkurrenz zur CSU treten, könnte das für die Christsozialen das bundespolitische Aus bedeuten!
Söders Albtraum
Jahrzehnte lang war der CSU ihr Platz im Deutschen Bundestag allein schon kraft ihrer Direktmandate sicher. Bei der Bundestagswahl 2021 gewann die kleinere Unions-Schwester fast alle Wahlkreise im Freistaat. 45 CSU-Politiker zogen so als direkt gewählte Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein.
Das neue Wahlrecht sieht nun vor, dass alle Erststimmen durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sein müssen („Zweitstimmendeckung“). Scheitert eine Partei also bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde, würden ihr die Direktmandate nichts nützen.
Bedeutet mit Blick auf die nächste Bundestagswahl: Künftig zieht nicht mehr jeder Wahlkreissieger automatisch in den Bundestag ein. Das Parlament soll so von derzeit 736 auf 630 Abgeordnete verkleinert, der Wildwuchs durch Überhang- und Ausgleichsmandate zurückgeschnitten werden. Außerdem wurde die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen. Sie sah bislang vor, dass eine Partei, die an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde scheitert, mindestens aber drei Direktmandate gewinnt, trotzdem entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen darf, dies sogar in Fraktionsstärke. Von dieser Regelung hatte bei der Bundestagswahl 2021 die Linke profitiert.
Die Klausel war zugleich eine Überlebensversicherung für die CSU. Sie hatte bei der Bundestagswahl zwar 45 der 46 bayerischen Wahlkreise gewonnen, war bundesweit aber nur auf 5,2 Prozent gekommen.
Für die Christsozialen ist die Maaßen-Partei, auch wenn diese letztlich als politische Kraft bedeutungslos bleibt, der absolute Albtraum: Würden die konservativen Unions-Sektierer der CSU nur 0,3 Prozentpunkte im Freistaat wegnehmen, wären Söder & Co. auf Basis des Bundestagswahlergebnisses von 2021 nicht mehr im Parlament vertreten, mithin bundespolitisch in der Versenkung verschwunden. Die AfD wäre dann vielleicht sogar stärkste politische Kraft im Deutschen Bundestag noch vor der CDU! (oys)