Der große konservative Publizist Matthias Matussek hält Friedrich Merz für den wohl am meisten überschätzten Politiker. Mehr noch: Er hält den CDU-Chef und Unions-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag für die Mensch gewordene Heißluft. Im Deutschland-Kurier wendet sich Matussek mit einem „Offenen Brief“ an den Sauerländer.
„Ach lieber Merz, was machen wir nur mit Ihnen? Selbst in Ihrer eigenen Partei sind Sie nur noch dritte Wahl, dabei brauchen wir nichts so sehr wie eine handlungsstarke Opposition in unserm Land. Wenn man Ihnen so zuschaut, hat man immer den Eindruck, da boxt einer weit über seinem Kampfgewicht. Man vermutet viel heiße Luft. Sie pumpen sich auf. Warum? Vielleicht, weil Sie ahnen, dass Sie trotz Ihrer stattlichen 1,98 Meter Körpergröße kleiner sind, als Sie sein wollen!
Ich saß ja mit Ihnen mal auf einem Podium herum, da hatte ich das Buch eines Freundes zu moderieren, neben Ihnen war noch ein anderer Dampfplauderer dabei, Gregor Gysi, es ging um die Bibel und um Gott, aber schon damals hatte ich den Eindruck, selbst zu diesem Christenthema kam von Ihnen mehr heiße Luft als von unserem Kabarett-Kommunisten. So wird das nichts mit der Kanzlerschaft. Zu leicht befunden!
Womöglich hat das die nüchtern prüfende Kanzlerin, die kalte Mutti, ziemlich schnell gemerkelt – kleiner Scherz am Rande – weshalb sie Sie damals so leichthändig als Fraktionschef und Oppositionsführer aus ihrem Schach-Spiel nahm.
Oppositionsführer können Sie nämlich überhaupt nicht, wie sich in diesen Zeiten herausstellt. Dabei war der Job nie einfacher. Sie haben es mit einer halbirren Regierung aus Dilettanten und Hochstaplern zu tun, die von einem unberechenbar günstigen Wind vor zwei Jahren in die Verantwortung getragen wurde.
Eine Truppe, die bereits nach einem Jahr mit Knüppeln und Wasserwerfern auf ihr Volk losging und völlig entzaubert war und gründlich entschlackt von all dem sexy Jugend- und Lederjacken-Aufbruch-Getue, dem die Presse auf den Leim gekrochen war.
Sicher, alle wünschten sich einen Neuaufbruch nach 16 Jahren Merkel – mit dem Ergebnis freilich, dass Deutschland Merkels allerdüsterste Fortsetzung bekam.
Nach zwei Jahren an der Regierung kriechen Scholz, Habeck, Lindner & Co. auf dem Boden der Umfragen herum, nur noch neun Prozent der Wähler glauben daran, dass diese Horror-Truppe das Steuer noch herumreißen kann.
Das Land steckt in einer Rezession, das Wachstum des Sozialprodukts ist am miesesten unter den Industrienationen, es ist im Minusbereich. Die Wohnungsnot ist so groß wie nie nach dem Krieg. Die Gesellschaft ist zerrüttet. Die öffentliche Ordnung zerfällt unter dem Ansturm einer wilden Immigration. Wer kann, rettet seine Firma ins Ausland. Die Infrastruktur ist marode, an Besserung glaubt kaum einer.
Deutschland leidet nicht nur wirtschaftlich, sondern auch psychisch: Seelische Krankheiten haben ein Rekordniveau erreicht, die Therapieplätze sind ausgebucht, das Rentenalter ist bei uns am höchsten, die Rente am niedrigsten europaweit. Deutschland Wunderland ist abgebrannt…
Man sollte denken: Fallobst für einen auch nur mittelmäßigen Strategen. Doch der CDU gelang es lange nicht, daraus Kapital zu schlagen. Stattdessen strömten die Wähler zur AfD, zur Alternative für Deutschland, viele davon ehemalige CDU-Wähler…
In jüngster Zeit erlebt die CDU ein kleines Zwischenhoch, allerdings nicht Ihretwegen, Herr Merz; Ihre persönlichen Werte sind im Keller und schlechter als die aller möglichen Konkurrenten im Rennen um die nächste Kanzlerkandidatur der Unionsparteien. Die Union erlebt ein Zwischenhoch – trotz Ihnen und Ihrer programmatischen Kopflosigkeit.
Zur Wahrheit gehört: Die CDU gewinnt dort, wo sie das Wahlprogramm der AfD übernimmt. Wie etwa in Berlin in der Zuwanderungsfrage und gegen das ‚grüne‘ Projekt einer autofreien Innenstadt. Aber das sind kurzfristige Siege und rein taktische Manöver, die gleich nach dem Urnengang widerrufen werden – wie es Kai Wegner in Berlin vorgeführt hat, der nach seinem Erfolg ganz ungerührt den Marsch ins ‚grüne‘ Wokistan wieder aufgenommen hat mit seinen Queer-Beauftragten für jeden Stadtbezirk.
Sie, Merz, haben die sogenannte Brandmauer gegen die AfD verkündet. Und nicht bedacht, dass Sie damit die CDU praktisch eingemauert haben. Auf kommunaler Ebene bröckelt Ihre Brandmauer bereits – wie jetzt in Cottbus, wo AfD und CDU gemeinsam gegen die Überforderung durch die Masseneinwanderung vorgehen. Man könnte es die ‚normative Kraft des Faktischen‘ nennen – ganz einfach deshalb, weil die rot-‚grüne‘ Willkommenskultur vor Ort den Untergang des Gemeinwesens bedeutet.
Allmählich erkennen auch die Wähler den Unterschied zwischen Taktik und Programm. Und Sie, Merz, sind ein erbärmlicher Taktiker alten parlamentarischen Schlages – mehr nicht!
Sie, Merz, sind schwer damit beschäftigt, in der Schönheitskonkurrenz mit dem Merkel-Klonen Daniel Günther in Schleswig-Holstein und Hendrik Wüst in NRW nicht zurückzufallen. Daniel Günther, den sie selbst in der CDU den „Genossen Günther“ nennen, fordert seine Partei auf, „Zuwanderung als etwas Positives“ zu begreifen. Und Hendrik Wüst unterstützt das „Neue Chancen Aufenthaltsrecht“ der Ampel, was immer damit an Messergewalt wegparfümiert werden soll.
Nein, Merz, die Wähler, zumindest 80 Prozent von ihnen, wünschen sich Härte gegenüber den rot-‚grünen‘ Traumwandlern! Warum biedern Sie sich dort immer noch an? Nur weil sie unbedingt dort eine Regierungsmehrheit zusammenbasteln wollen, um eine sehr viel näher liegende natürliche bürgerlichen Koalition mit der AfD zu vermeiden?
Ab und zu rutscht Ihnen was Richtiges durch die Lippen, etwa wenn Sie von den „kleinen Paschas“ reden, oder von den übervölkerten Wartezimmern bei deutschen Zahnärzten durch halb Afrika.
Aber dann rudern Sie wieder zurück bzw. trippeln. War alles nicht so gemeint! (…)
Ich muss zugeben, auch ich hatte mir Hoffnungen gemacht, wie wohl viele, dass Sie der CDU den Merkel-Mehltau samt den Motten aus dem Pelz schütteln. Schließlich waren Sie es, der einst die frische „Leitkultur“-Debatte in der CDU angeschoben hatten.
Ich rechnete damit, dass Sie wieder für konservative Randschärfe sorgen, dass Sie Ansagen machen, was Multikulti und hemmungslose Masseneinwanderung angeht, anstatt zu sagen: „Nun sind se halt da“…
Ich hatte innig gehofft, dass Sie tatsächlich Deutschland und sein Interesse in den Vordergrund stellen, statt das Deutschlandfähnchen kopfschüttelnd zu entsorgen; dass sie gegen die Auflösung der Familie angehen, statt für Quoten zu kämpfen; dass Sie gegen den ach so woken Genderquatsch angehen.
Irrtum Merz! Wie so viele andere Menschen in Deutschland habe auch ich mich in Ihnen getäuscht. Habe mich blenden lassen – etwa, als Sie die Kulturhoheit in diesem Lande, Stichwort: Leitkultur, anmahnten. (…)
Ich sage Ihnen voraus, Herr Merz: Die CDU wird sich mit ihrem jetzigen ratlosen taktischen Zickzack-Kurs so überflüssig machen wie ihre italienische Schwester, die Democrazia Christiana. Deshalb: Geben Sie nichts auf das gegenwärtige Zwischenhoch, das ist von der vergänglichen Art, wie es einst Olaf Scholz zum Kanzler gepustet hat. Es ist einfach ein thermodynamisches Gesetz: Wenn Druck im Ballon ist und nirgendwo sonst ein Ventil offen steht, ploppt es irgendwo hoch; dass sich dieser Druck durch das von Ihnen ‚verbotene‘ Ventil AfD entladen wird, sehen wir an den zweistelligen Wahlerfolgen der Partei jetzt auch im Westen der Republik!
Im Osten hat die AfD die CDU längst deklassiert und wird sie zwingen, so wie es aussieht, in entwürdigenden All-Parteien-Koalitionen zu versuchen, den Wählerwillen erneut in die Tonne zu treten. Seit neuestem unter Mithilfe von Sahra Wagenknecht, die sich dem Blockparteien-Kartell – sie kennt so was noch aus der DDR – mit ihrer Parteineugründung hinzugesellen will.
Ja, Sie machen der beinharten Kommunistin Sahra Wagenknecht Avancen, die, wie sie sagt, den sehr, sehr Reichen das Geld wegnehmen will für die sattsam bekannte und schon zu Tode zitierte ‚soziale Gerechtigkeit‘, wie es damals die Bolschewiki machten und nach ihnen die SED, bis am Ende alle sehr, sehr arm waren. Am Ende, Herr Merz, wird sie Ihnen Ihr Flugzeug wegnehmen!
Abschließend: Sie sollten öfter mal eine der brillanten Reden von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel nachlesen – der einzig wirklichen Oppositionsführerin im Deutschen Bundestag! Das wäre eine Oppositionsrede ohne heiße Luft, aber klar und randscharf in der Sache!!!
Hugh! Ich habe gesprochen.
Machen Sie’s besser!
Ihr
Matthias „Old Shatterhand“ Matussek