Vier Wochen vor der Landtagswahl in Hessen gerät die SPD-Spitzenkandidatin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, im Schnüffel-Skandal um den Ex-Chef der bundesdeutschen Cyber-Abwehr immer mehr unter Druck. Die AfD fordert den Rücktritt der Ministerin. Im Mittelpunkt steht der Verdacht, dass Faeser den früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, aufgrund einer verleumderischen Denunziation ausgerechnet durch den ZDF-Systemclown Jan Böhmermann gesetzeswidrig vom Verfassungsschutz ausforschen lassen wollte.
„Sollte sich der Verdacht des Amtsmissbrauchs weiter verdichten, ist die gebotene Konsequenz der Rücktritt als Innenministerin. Gerade im Innenministerium als Verfassungsministerium ist keine Ministerin tragbar, die politisch motivierten Rechtsbruch für opportun erachtet“, erklärte der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio.
Hintergrund ist, wie bereits berichtet, ein jetzt aufgetauchter brisanter Vermerk aus dem Innenministerium, der vermuten lässt, dass Faeser auf den untadeligen, ihr politisch unbequem gewordenen ehemaligen Cyber-Abwehrchef den Verfassungsschutz hetzen wollte. Der Inlandsgeheimdienst sollte offensichtlich Anhaltspunkte für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens liefern, nachdem Böhmermann in seiner sogenannten Satiresendung „ZDF-Magazin Royal“ den Top-Beamten in die Nähe eines russischen Spions gerückt hatte. Schönbohm fordert vom ZDF 100.000 Euro Schadensersatz und hat nach seinem Rauswurf aus dem Amt das Bundesinnenministerium wegen Mobbings verklagt.
In der Sendung mit dem Titel „Wie eine russische Firma ungestört Deutschland hackt“ hatte Böhmermann behauptet, Schönbohm habe über einen Lobbyverein einer Firma nahegestanden, die eng mit dem russischen Geheimdienst verbunden sei. In der Show wurde Schönbohm mit Clownsnase gezeigt und von Böhmermann als Cyberclown verspottet. Trotz Zweifeln nach der Ausstrahlung der Sendung entband Innenministerin Nancy Faeser (SPD) BSI-Chef Schönbohm vor knapp einem Jahr „mit sofortiger Wirkung“ von seinen Aufgaben. Begründung: Das Vertrauensverhältnis sei gestört.
„Regierung kann senden, wen sie will“
Faeser blieb am Donnerstag, 7. September, erneut einer Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses fern. Zuvor hatte Faeser ihre Nichtteilnahme schon einmal mit gesundheitlichen Gründen entschuldigt, gab aber gleichzeitig ein dpa-Interview im Hessen-Wahlkampf.
Gottfried Curio (AfD) erklärte dazu: „Faesers wiederholte Abwesenheit im Innenausschuss kommt einem Schuldbekenntnis gleich.“ Laut „Bild“-Zeitung hat die Ministerin angeblich bis Dezember „keine Zeit“.
„Faeser missachtet das Parlament“
Vor allem die arrogante, das Parlament verachtende Begründung des Fernbleibens lässt aufhorchen: Die anwesende Innen-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) erklärte Medienberichten zufolge namens ihrer Chefin, die Regierung könne entsenden, wen sie wolle. Eine Begründung sei nicht erforderlich. Die Ministerin müsse sich auf die Haushaltsdebatte im Bundestag vorbereiten.
AfD-Innenpolitiker Martin Hess sprach von einer „Unverschämheit“. Die Ministerin habe mit ihrem erneuten Fernbleiben das Parlament „missachtet und unsere Demokratie beschädigt“. Die Äußerungen der anwesenden Staatssekretärin hätten „nicht dazu beigetragen, die Verdachtsmomente auszuräumen“.
Brisanter Vermerk
Es bleibt die zentrale Frage, ob die Innenministerin im März 2023 den Verfassungsschutz angewiesen hat, belastendes Material über Schönbohm zu sammeln, wie es der jetzt aufgetauchte brisante Vermerk vermuten lässt. Diese Frage, so Hess, sei bisher nicht beantwortet worden.
Eine Einschaltung des Verfassungsschutzes in der Causa Schönbohm wäre nur dann statthaft gewesen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen vorgelegen hätten. Tatsächlich aber hatten sich die Vorwürfe einer vermeintlich heiklen Russland-Nähe Schönbohms als haltlos erwiesen. Alles, was es gab, war eine Denunziation des untadeligen Spitzenbeamten durch den ZDF-Schmutzfinken Jan Böhmermann, aufgrund derer Faeser offensichtlich gesetzeswidrig den Inlandsgeheimdienst gegen Schönbohm aktivieren wollte. Pikant sind jetzt auch kursierende Gerüchte, Böhmermann habe in der Causa Schönbohm mit der politischen Leitung des Bundesinnenministeriums auf Staatssekretärs-Ebene telefoniert.