„Leg dich nicht mit einem Grosz an“: DeutschlandKURIER-Kolumnist Gerald Grosz gibt dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der ihn nach seiner Rede auf dem diesjährigen Politischen Aschermittwoch der AfD in Bayern wegen „Beleidigung“ angezeigt hatte, ungebrochen angriffslustig Kontra.
Grosz hatte Söder bei der Veranstaltung am 22. Februar unter anderem als „Corona-Autokrat“, „Landesverräter“ und „Södolf“ tituliert. Auf die jetzt bekanntgewordene Strafanzeige, welche die Bayerische Staatskanzlei im Auftrag des Ministerpräsidenten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits am 9. März erstattet hatte, antwortet Grosz dem „Weißwurstbarönchen“ Söder in einem offenen Brief und einer Videobotschaft mit ironischem Spott:
„Das Verständnis für Humor und Satire setzt Intelligenz voraus. Das Beherrschen einer harten politischen Auseinandersetzung setzt rhetorische Brillanz, geistige Beweglichkeit, analytisches Denken und daraus folgend präzise Spontanität voraus. Wahre Autorität zeigt sich nicht durch die mehr als zweifelhafte Besitznahme eines Amtes und die Befriedigung eines schwachen Selbstbewusstseins durch die rein äußerlichen Symbole der Macht, sondern ergibt sich aus der freien Zustimmung und ehrlichen Zuneigung der eigenen Landsleute.“
Grosz selbst freut sich über eine Welle der Zustimmung, die ihn über „hunderte Mails aus ganz Deutschland“ erreicht habe: Zahllose Unterstützer teilten seine „Ansicht, dass sich aufgrund Ihrer politischen Sozialisierung einige Defizite eingeschlichen haben dürften, dass das Wissen über die oben beschriebenen, einfachen aber dafür hehren Grundsätze irgendwo zwischen den pseudomachiavellistischen Winkelzügen innerhalb der CSU-Amigos und der Krönung einer reizenden Bierkönigin verloren gegangen sein dürften“.
Auch die bayerische AfD stellt sich hinter ihren Gastredner. „Majestätsbeleidigung ist in den Augen von Markus Söder scheinbar das Schlimmste aller Verbrechen und wiegt offenbar deutlich schwerer als die massiven Grundrechtseinschränkungen, die er selbst im Namen von Corona erlassen hat“, kommentiert Landessprecher Stephan Protschka die Strafanzeige Söders. Als Ministerpräsident habe er auch bissige Kritik auszuhalten. „Die Meinungsfreiheit muss unbedingt gewahrt bleiben, Spott und Kritik gehören ausdrücklich dazu“, betont Protschka. Grosz sei auch in Zukunft in Bayern willkommen.
Grosz, der eben erst selbst erfolgreich wegen „übler Nachrede und Ehrenbeleidigung“ gegen den österreichischen Zwangsgebührensender ORF geklagt hatte, der ihn mit Falschbehauptungen verleumdet hatte, bedankt sich in seiner Botschaft ironisch bei Söder, „dass Sie meine Aschermittwochsrede in Osterhofen zum Anlass genommen haben, dieser […] eine besondere Wertigkeit und Prominenz zu geben“.
Den Bayern werde dadurch zugleich die Gelegenheit gegeben, „Ihnen die Grundsätze von Demokratie, Meinungsfreiheit, politischer Auseinandersetzung, Humor, Satire, Empathie, Amtsauffassung und nicht zuletzt Idealismus beizubringen“. Grosz kündigte an, er wolle die dabei produzierten Gerichtsakten dem Bayrischen Rundfunk zur Verfügung stellen. „Somit ergibt sich auch für Sie die Chance, dass Ihre auslaufende Tätigkeit als Ministerpräsident zumindest medial historisch gilt.“
Söders Staatskanzlei hatte die Anzeige schmallippig mit den „Grenzen der politischen Auseinandersetzung“ begründet: „Die Bayerische Staatskanzlei lehnt jede Form von Nazi-Parolen und rechtsextremistischer Verleumdung entschieden ab.“ Gründliche Recherche oder ein gutes Gedächtnis gehört offenbar nicht zu den Stärken der Söder-Hilfstruppen. Söders eigene Rede vom Politischen Aschermittwoch 2019, in der er ausschweifend über „Nazis in der AfD“ schwadronierte, ist im Netz nach wie vor leicht zu finden.