Wer künftig die Hauptstadt regiert, war auch am Morgen nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (Landesparlament) völlig unklar! Auch wenn die CDU (28,2 Prozent) erstmals seit 23 Jahren wieder stärkste politische Kraft wurde, können SPD, „Grüne“ (beide Parteien liegen mit 18,4 Prozent gleichauf) und Linke (12,2 Prozent) ihr Volksfrontbündnis in dritter Auflage fortsetzen. Es droht damit ein „Weiter so“ – nur noch schlimmer und chaotischer! Franziska Giffey (SPD) könnte in diesem Fall Regierende Bürgermeisterin bleiben, weil ihre Partei nach Auszählung aller Wahlbezirke 105 Stimmen vor den „Grünen“ liegt.
In Berlin zeichnet sich nach den Neuwahlen eine politische Hängepartei ab: Die CDU unter Spitzenkandidat Kai Wegner schnitt zwar so stark ab wie seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr und meldete Anspruch auf Bildung einer Regierung unter ihrer Führung an, aber trotz Verlusten von zusammen rund fünf Prozentpunkten haben SPD, Ökosozialisten und SED-Nachfolger weiterhin eine klare Mehrheit. Möglich wäre jedoch auch ein Zweierbündnis der Union entweder mit der SPD oder mit den „Grünen“.
Nach Auszählung aller Stimmen gewinnt die CDU bei der Wiederholungswahl etwa zehn Prozentpunkte hinzu und kommt auf 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent). Die SPD der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey fuhr ihr historisch schlechtestes Ergebnis in der Hauptstadt ein und landete nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit 18,4 Prozent mit hauchdünnem Stimmenvorsprung vor den „Grünen“ (ebenfalls 18,4 Prozent). Der Vorsprung betrug lediglich 105 Stimmen.
Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD erreichte 9,1 Prozent. Die FDP (4,6 Prozent) fliegt aus dem Abgeordnetenhaus.
Nach Angaben des Landeswahlleiters gibt es 159 Sitze. Davon erhält die CDU 52. Die SPD und die Grünen bekommen je 34 Mandate. Die Linke kommt auf 22 Sitze, die AfD auf 17. Die Wahlbeteiligung lag bei 63 Prozent und war damit noch einmal schlechter als bei der Chaos-Wahl im September 2021.
CDU-Wahlgewinner Wegner kündigte Gespräche mit SPD und „Grünen“ an, obwohl er im Wahlkampf eine Koalition mit den Ökosozialisten mit Hinweis auf deren Verkehrspolitik (Tempo 30) ausdrücklich ausgeschlossen hatte.
AfD: „Wahlsieg der Konservativen“
„Wir haben in einem schwierigen Umfeld ein großartiges Ergebnis geholt – darauf bin ich sehr stolz!“ Die Spitzenkandidatin der Berliner AfD, Kristin Brinker, hat sich zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Partei bei der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (Landesparlament) gezeigt, auch wenn die AfD die ihr in Umfragen vorausgesagte Zweistelligkeit in der traditionell linksgrün dominierten Hauptstadt knapp verfehlte. Brinker betonte am Wahlabend in der ARD: „Wir haben unsere Wähler mobilisieren können, das ist das Entscheidende. Wir haben uns auch in der Hauptstadt konsolidiert!“ Die AfD-Politikerin sprach von einem „Wahlsieg der Konservativen“.
AfD-Bundessprecherin Alice Weidel gratulierte auf Twitter und dankte den Berliner Wahlkämpfern für ihr Engagement: „Außerplanmässig musste unsere #AfD in #Berlin einen Wahlkampf bestreiten, was sie mit Bravour getan hat.“ AfD-Co-Chef Tino Chrupalla kündigte eine „konstruktive Oppositionsarbeit“ im Abgeordnetenhaus an. Auch er sprach von einer Wahl unter „sehr schwierigen Verhältnissen“.