Götz Kubitschek (IfS): „Wir haben das grundsätzliche Potential der AfD früh erkannt und durch Publikationen erfolgreich gestärkt“
Am vergangenen Wochenende fand in Schnellroda (Sachsen-Anhalt) die „Winterakademie“ des rechtskonservativen ‚Instituts für Staatspolitik‘ (IfS) statt. Die Denkfabrik veranstaltet seit mehr als zwanzig Jahren Nachwuchsakademien, die Hörern bis zum 35. Lebensjahr offenstehen.
Das Hauptthema der diesjährigen „Winterakademie“ lautete „10 Jahre AfD“.
Der Deutschland-Kurier sprach darüber exklusiv mit Götz Kubitschek, dem Mitbegründer des IfS.
Kubitschek ist zudem Inhaber des heute in Schnellroda ansässigen Verlags ‚Antaios‘ (bis 2012 ‚Edition Antaios‘), seit 2003 ist er außerdem verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift ‚Sezession’ und des Blogs ‚Sezession im Netz‘.
Deutschland-Kurier (DK): Herr Kubitschek, das Institut für Staatspolitik ist vorgeprescht und hat mit der Winterakademie am letzten Wochenende die erste Veranstaltung zum Thema „10 Jahre AfD“ überhaupt veranstaltet. Gibt es ein ganz besonders inniges Verhältnis zwischen dem IfS und der AfD?
GÖTZ KUBITSCHEK: Unser Institut ist eines der bekanntesten unter den vielen Projekten, die sich in der Nähe der AfD angesiedelt haben. Diese Partei ist im parlamentarischen Betrieb das, worauf wir anderthalb Jahrzehnte lang hingearbeitet und gehofft haben. Aus diesem Grund begleiten und kommentieren wir die Arbeit der AfD seit ihrer Gründung. Wir waren an Wegscheiden der Partei nicht unparteiisch und haben das grundsätzliche Potential der AfD früh erkannt und durch Publikationen erfolgreich gestärkt. Dies brachte wiederum etliche Journalisten darauf, bei uns nachzuschauen, woher die Partei ihre weltanschauliche Prägung erfahren habe, und was das für ein Milieu sei, das die ursprüngliche Beschränkung der Parteigründer auf Finanz- und EU-Fragen zu einem kompletten rechtskonservativen Programm hat ausweiten können.
DK: Ihr Institut veranstaltet seit mehr als zwanzig Jahren Nachwuchsakademien, die Hörern bis zum 35 Lebensjahr offenstehen. Wie hat sich die Hörerschaft verändert? Waren vorwiegend junge AfD- und JA-Mitglieder in Schnellroda?
KUBITSCHEK: Bis es zur Parteigründung kam, trafen sich auf unseren Akademien thematisch und an Lektüre interessierte Schüler und Studenten. Das waren intensive Studientage. Mit dem immensen Bedeutungszuwachs unserer Arbeit verschob sich der Charakter der Veranstaltungen. Sie vermitteln immer noch Bildung, sind darüber hinaus aber längst zu den wichtigsten Vernetzungstreffen der Szene und zu einer Brücke zwischen Vorfeld und Partei geworden. Viele JA-Mitglieder haben über uns erst entdeckt, daß das rechte Denken ein ganzer Kosmos ist. In den Jahren in denen bei uns die Parteiprominenz referierte, zog es auch Karrieretypen hierher. Aber wir schnitten diesen Zweig ab, und nun kommen nur noch jene Teile des Parteinachwuchses zu uns, die lesen und lernen wollen.
DK: Kommen wir zu den Vorträgen, die sich mit dem Thema der Akademie befaßt haben. Was wurde geboten, und wie lautete das Fazit aus dem eher parteikritischen Schnellroda?
KUBITSCHEK: Daß Parteien und der durch sie geformte Typus des Berufspolitikers notwendige Übel sind, über die in einem Parteienstaat der Zugang zu einem Teil der Macht erfolgt, war Konsens. Wir haben die Mechanismen des von den Parteien erbeuteten und aufgeteilten Staates erörtert – besonders am Beispiel einer Behörde wie dem Verfassungsschutz. Wir haben Vorträge über die Klassiker der Parteienkritik gehört, solche zu Wählerpotentialen, zur demographischen Wahl und zur Geschichte rechter Parteien überhaupt. Aus dem, was wir boten, wird jeder Teilnehmer sein je eigenes Fazit ziehen und es mit seiner Positionierung in der Partei oder seiner Abstinenz von jedweder Beteiligung abgleichen. Mein Fazit lautet: Wir müssen das Vorfeld vor der Partei schützen. Sie ist so stark und ihre vor allem finanziellen Angebote sind so reizvoll, daß sie uns aussaugen könnte. Echte Unabhängigkeit – auch von weltanschaulich nahen Parteistrukturen – ist für das ungeschützte Denken und Schlußfolgern eine Grundvoraussetzung. Dafür der Ort zu sein, ist unsere Aufgabe.
DK: Mit Roland Hartwig, der gegenwärtig in der Bundesgeschäftsstelle der AfD unter anderem für strategische Fragen zuständig ist, dem sachsen-anhaltinischen Fraktionsvorsitzenden Kirchner und dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Tillschneider waren AfD-Amts- und Mandatsträger zur Diskussion erschienen. Wie war der Tenor ihrer Aussagen im Hinblick auf das Thema AfD und politisches Vorfeld?
KUBITSCHEK: Man betonte allgemein die Bedeutung eines unabhängigen, kritikfähigen Vorfelds für die Partei und wiederholte das, was Benedikt Kaiser in seinem in meinem Verlag erschienenen Essay „Die Partei und ihr Vorfeld“ ausgeführt hat: Ein Orchester besteht nicht nur aus der 1. Geige. Auch das Fagott ist wichtig. Die genannten Politiker gehören zu denen, die dieser Überzeugung Taten folgen lassen. Was dabei aber wichtig ist: Es geht nicht um Spenden und um Stellenangebote für unsere Leute. Solide Projekte wie unsere sind auf diese naheliegenden Unterstützungen nicht angewiesen. Ich bin eher darauf gespannt, ob die Partei begreift, daß zur grundsätzlichen Opposition auch ein grundsätzlich anderes Verhalten dem Establishment gegenüber gehört. Wenn auf einem Neujahrsempfang im Bundestag die ARD anwesend ist, die Vertreter der freien Medien hingegen nicht, dann sind essentielle Lektionen nicht gelernt worden.
Das war dann auch Tenor: daß es endlich zur professionellen Zuarbeit der Partei in die Richtung unserer alternativen Netzwerke und Plattformen kommen sollte, zu einer Stärkung mittels inhaltlicher Exklusivität.
DK: Abschließend: Gibt es die Möglichkeit, die Vorträge nachzulesen oder nachzuhören?
KUBITSCHEK: Es gibt sie. Zum einen betreiben wir auf YouTube den „Kanal Schnellroda“, auf dem wir fast alle Vorträge veröffentlichen werden, die auf der Akademie gehalten wurden. Außerdem ist das 112. Heft unsrer Zeitschrift Sezession in Anlehnung an die Akademie geplant und fertiggestellt worden. Das Thema des Heftes lautet: „10 Jahre AfD“. Man findet es auf unserer Internetseite: sezession.de.