In Österreich gibt es keine klare Mehrheit mehr für Russland-Sanktionen. Politische Beobachter erwarten, dass sich dieser Trend im Winterhalbjahr noch verstärken wird. Der Druck auf Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) wächst, schon ist von Neuwahlen die Rede. Rückenwind bekommt die freiheitlich-konservative und sanktionskritische FPÖ.
Ist das bereits ein „Vorgeschmack auf den Winter in Deutschland und Europa“?, fragt die „Welt“. In Österreich dreht angesichts steigender Energiepreise und hoher Inflation die Stimmung mit Blick auf den Sanktions-Irrsinn gegen Russland. Bereits 40 Prozent der Österreicher sind nach einer neuen Umfrage für die Zeitung „Der Standard“ überwiegend (18 Prozent) oder ganz sicher (22 Prozent) dagegen, die infolge des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen fortzuführen.
In Brüssel wird die Entwicklung in Österreich mit Sorge gesehen. In EU-Diplomatenkreisen fragt man sich laut „Welt“, ob bald womöglich auch die Stimmung in Deutschland und anderen europäischen Staaten kippt. Denn: Die Verbraucher dürften die vor dem Hintergrund des sich immer weiter aufschaukelnden Sanktions-Irrsinns explodierenden Energiepreise in den nächsten Wochen und Monaten schmerzhaft im Geldbeutel zu spüren bekommen.
Sanktionen brauchen Einstimmigkeit
Dies könnte zu heftigen Debatten in mehreren Mitgliedstaaten führen. Die „Welt“ zitiert einen Brüsseler Diplomaten mit den Worten: „Dann könnten sogar die Sanktionen insgesamt infrage gestellt werden.“
Ein Szenario, das durchaus denkbar erscheint. Denn EU-Beschlüsse zu Sanktionen benötigen Einstimmigkeit. Hinzu kommt, dass die Sanktionen alle sechs Monate erneuert werden müssen.
In Österreich nimmt die Debatte derzeit Fahrt auf. Laut einer Umfrage von APA/ATV glauben 42 Prozent der Österreicher nicht, dass die Sanktionen gegen Russland Wirkung zeigen – und zwar „weder jetzt noch in der Zukunft“. Nur 28 Prozent erwarten dagegen eine mittel- oder langfristige Wirkung.