Wenn es um politisch und verkaufsstrategisch brisante Themen geht, hat der Volkswagen-Konzern noch immer gut die Kunst der Tarnung vor allzu großer öffentlicher Aufmerksamkeit beherrscht – wie zum Beispiel jetzt bei der de facto Abkehr von der bisherigen Antriebsstrategie ausschließlich auf Elektrobasis. Es ist nicht mehr und nicht weniger als eine fundamentale Kurskorrektur hin zu moderner Dieseltechnologie!
Am 14. Dezember erschien eine scheinbar unspektakulär klingende Pressemitteilung aus der VW-Konzernzentrale, die in den Medien weitgehend unterging. Tatsächlich hatten es diese wenigen dürren Sätze in sich. Sie kommen einem Paradigmenwechsel gleich: Volkswagen kündigte an, seine Vierzylinder-Dieselmotoren offiziell für die Nutzung paraffinischer Kraftstoffe freizugeben. Wörtlich heißt es:
„Diese neuentwickelten Dieselkraftstoffe mit Anteilen aus Bio-Komponenten ermöglichen deutliche CO2-Einsparungen von 70-95 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Diesel (…) Neben dem beschleunigten Hochlauf der Elektromobilität entwickelt Volkswagen damit konsequent das bestehende Verbrenner-Portfolio weiter. Das Unternehmen geht so einerseits auf die verschiedenen Kundenbedürfnisse ein und berücksichtigt andererseits die international variierenden Antriebspräferenzen und jeweiligen Rahmenbedingungen.“
Das Wortgeklingel vom „beschleunigten Hochlauf der Elektromobilität“ dürfte nur noch verkaufstaktisch begründet sein; wer will schon eingestehen, dass man aufs buchstäblich falsche Pferd im Sinne von Pferdestärken (PS) gesetzt hat?
Branchenexperte Helmut Becker analysiert, was wirklich hinter dieser Pressemitteilung steckt, nämlich „dass sich der VW-Konzern von der reinen Elektro-Strategie verabschiedet hat. Plötzlich wird anerkannt, dass mit diesem neuentwickelten Klima-Dieselkraftstoff ein Dieselauto je nach Strommix sogar sauberer als ein E-Auto betrieben werden kann. Damit ist die Tür zur grundsätzlichen Alternative für Elektroautos auf Strombasis weit offen!“
Das sagt nicht irgendwer: Becker war Mitglied des Sachverständigenrates („Fünf Weise“), begleitete 24 Jahre als Chefvolkswirt den Expansionskurs der BMW AG und war Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Business Economists (VDBE). Mit seinem Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK) berät er Unternehmen, Banken, Dienstleister in strategischen, gesamtwirtschaftlichen, wirtschaftspolitischen und automobilspezifischen Fragen.
Für den ohnehin angeschlagenen VW-Chef und Merkel-Fan Herbert Diess kommt die Pressemitteilung einer Ohrfeige gleich, wollte er doch den Verbrennungsmotor am liebsten gleich beerdigen – ohne Rücksicht auf Beschäftigte, Kundenwünsche, Marktnachfrage und ohne Rücksicht auch auf jeglichen Expertenrat!
Jetzt also heißt die neue Konzernlinie: Weg von der einseitigen Fixierung auf nur noch eine Antriebstechnologie auf Batteriebasis! Branchenexperte Becker: „Für einen Massenhersteller mit 10 Millionen Verbrennerautos jährlich war diese Strategie von vorneherein nicht tragfähig.“ Beckers Fazit: „Die kaufmännische Vernunft hat obsiegt!“
Was steckt hinter dem neuen Wunder-Diesel?
Bei dem sogenannten C.A.R.E. Diesel handelt es sich um einen Hochleistungskraftstoff, der vereinfacht gesagt überwiegend aus Rest- und Abfallstoffen (zum Beispiel Speisefett) nach einem speziellen Verfahren hergestellt wird. Die Abkürzung C.A.R.E. steht für CO₂-Reduction (CO₂-Reduzierung), Arctic Grade (Kältebeständigkeit), Renewable (Erneuerbarkeit), Emission Reduction (Emissionsreduzierung).
C.A.R.E. Diesel zählt zu den paraffinischen Kraftstoffen und verfügt im Wesentlichen über eine dem fossilen Diesel ähnliche stoffliche Struktur. Weil schädliche Bestandteile vollends fehlen, übertrifft es jedoch die Spezifikationen von allen bisher an Tankstellen erhältlichen Dieselkraftstoffen haushoch. Der Wunderdiesel verbrennt so sauber, dass die Schadstoffemissionen praktisch nicht mehr messbar sind. Ein aus Abfall hergestellter Biodiesel könnte die CO2-Bilanz eines Dieselmotors also noch einmal deutlich verbessern und wird bereits bei Bosch in der Praxis getestet. Deutschland und seine E-Autolobby allerdings verhindern bisher die Markteinführung – aus nachvollziehbaren politischen Gründen!