Es ist eine politische Kampfansage aus Warschau, die für ein europäisches Politbeben sorgt: Das polnische Verfassungsgericht räumt EU-Recht keinen Vorrang mehr vor nationalen polnischen Gesetzen ein. Im Klartext bedeutet dieses Hammerurteil: Das Land bleibt zwar in der EU (noch), muss sich aber nicht mehr den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg unterwerfen.
Dem de facto juristischen Austritt aus der EU könnte nach Ansicht von politischen Beobachtern in Brüssel schon bald der nächste, nur konsequente Schritt folgen: der „Polexit“! Polen wäre dann nach den Briten das zweite Land, das der EU den Rücken kehrt, auch wenn die nationalkonservative Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) unter Jaroslaw Kaczynski erst jüngst eine Resolution verabschiedet hat, in der die Mitgliedschaft des Landes in der EU bekräftigt wird (allerdings nicht um jeden Preis).
Man muss dazu wissen, dass das polnische Verfassungsgericht als eine im Prinzip regierungsnahe politische Institution gilt. Somit wird klar, welchen Konfrontationskurs Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki steuert: volle Breitseite gegen Bevormundung, Gängelei und Willkür aus Brüssel!
Die Brüsseler EU-Kommission reagierte „besorgt“ und droht mit ihrem „Werkzeugkasten“. Offenbar fürchten die Eurokraten, dass das Beispiel Polens mit Blick u.a. auf Ungarn Schule machen könnte.