Weil Kroatien und Ungarn auf der Balkanroute hohe Grenzzäune errichtet haben, versuchen Migranten jetzt verstärkt über Rumänien in die EU einzudringen. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte stieg in der ersten Jahreshälfte um 200 Prozent. Wichtigste Drehscheibe: die westrumänische Stadt Timisoara. Viele „Schutzsuchende“ wollen dort einen Lkw finden, auf dem sie unerkannt nach Westeuropa gelangen können.
Abdullahs braune Augen schauen sehnsuchtsvoll in die Ferne, in seiner linken Hand hält er ein zerstörtes Handy, das angeblich von der rumänischen Polizei unbrauchbar gemacht wurde. Der 17-Jährige sitzt auf einer Wiese im westrumänischen Timisioara, im sogenannten Afghan-Park, wie die Migranten ihren Treffpunkt nennen.
Der 17-Jährige will lange vor dem Abzug der internationalen Truppen sein Heimatland verlassen haben, andernfalls hätte er sich den radikal-islamischen Taliban anschließen oder sich vor den Islamisten verstecken müssen, behauptet er. Im Westen Europas will Abdullah ein „wirtschaftlich besseres Leben führen“. Ein Schelm, der „St“ wie Stütze dabei denkt…
Rund 5.000 Kilometer hat der Afghane schon zurückgelegt, einen Großteil davon auf der Balkanroute von Griechenland über Bulgarien nach Serbien. Schon bald wolle er bei seinem Bruder in Deutschland sein. Ein Problem gebe es da allerdings noch:
Serbien, wo seit der großen Invasion von 2015 meterhohe Zäune den Zugang zur EU nahezu unüberwindlich machen. Neun Mal habe er Anlauf genommen, um nach Kroatien zu kommen, sagt Abdullah. Dreimal habe er versucht, über die serbisch-ungarische Grenze zu gelangen, alles ohne Erfolg. Seine letzte Hoffnung: Irgendwie von Rumänien aus durchzukommen.