Untergangsstimmung in den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten: Fast jeder dritte von ihnen ist akut gefährdet und dürfte auf Basis der katastrophalen Umfragewerte nicht mehr in das Parlament zurückkehren. Die Union wäre laut „Frankfurter Rundschau“ nur noch mit 169 Abgeordneten vertreten – 77 weniger als bei der Wahl 2017.
Fraglich erscheint sogar, ob Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) es überhaupt in den Bundestag schafft. Für den Rheinländer ist der 26. September ein ganz persönlicher Schicksalstag. Denn: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident hat sich festgelegt, er werde „in jedem Fall“ nach Berlin wechseln. Laschet tritt also ohne Rückfahrticket nach Düsseldorf an.
ABER: Es könnte sein, dass Laschet den Einzug ins Parlament verfehlt. Der Grund: Er ließ sich in seinem Wahlkreis in Aachen nicht auf die Liste der Direktkandidaten setzen. Er hat also nur die Möglichkeit, als Spitzenkandidat der Landesliste in den Bundestag einzuziehen. Sollte die CDU in NRW jedoch überproportional viele Direktmandate gewinnen, wäre es möglich, dass die Landesliste gar nicht zum Zuge kommt.
Selbst wenn Laschet es in den Bundestag schafft, CDU und CSU aber die Wahl krachend verlieren, ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass in der Union kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Politische Beobachter in der Hauptstadt schließen nicht aus, dass Laschet noch am Wahlabend die „volle Verantwortung“ für das sich abzeichnende Desaster übernimmt und von allen Ämtern zurücktritt. Alles, was Laschet in diesem Fall noch bliebe, wäre bestenfalls ein Platz als Hinterbänkler im Deutschen Bundestag.
CSU-Chef Markus Söder sieht bereits „schwerste Zeiten“ auf die Union zukommen. Ältere Unions-Abgeordnete fürchten, dass der „Geist von Kreuth“ wieder aus der Flasche entweichen könnte – sprich: dass es zu einem Bruch der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU kommt. Das wäre das absolute Worst-Case-Szenario.
Auch Söder ist angeschlagen
Fakt ist: Söder und die CSU stehen ebenfalls schwer unter Druck. Jüngste Umfragen sehen die CSU auf einem historischen Tief deutlich unter 30 Prozent. Würden die Christsozialen bundesweit antreten, wäre ihr Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde erstmals nicht ausgeschlossen. Die CSU könnte also durchaus ein unberechenbarer Faktor in Berlin werden!
Der – immer auf Basis der aktuellen Umfragen – wohl noch „beste aller schlimmen Fälle“ wäre: Die Union tritt als Juniorpartner in eine SPD-geführte Regierung mit der FDP ein (sogenannte Deutschland-Koalition mit umgekehrter Farbfolge). Armin Laschet könnte in einem solchen Szenario mit einem Ministeramt (z.B. Wirtschaft oder Finanzen) ausgestattet und Vizekanzler werden. Ein theoretisch wie rechnerisch mögliches, aber eher unwahrscheinliches Szenario.
Jüngste Äußerungen von FDP-Chef Christian Lindner deuten vielmehr darauf hin, dass es entgegen seinen bisherigen Einlassungen doch auf eine „Ampel“ (Rot-„Grün“-Gelb) hinauslaufen könnte. Merke: Wenn auf die FDP noch immer Verlass war, dann in Punkto „Umfallen“!
Wie man es auch dreht: Es sieht düster aus für Laschet! Dies nicht nur mit Blick auf den CDU- Parteivorsitz. Nach einer Wahlniederlage wird ihm das Stigma einer „lame duck“ (lahme Ente) anhaften. Seine Chancen, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender zu werden, dürften somit ebenfalls gegen Null tendieren. Hinzu kommt: Laschet könnte zwar ohne Mandat Kanzler werden, aber nicht Fraktionschef.
Einige in der Union gewinnen dem sich abzeichnenden Wahldebakel durchaus etwas Positives ab: Es sei längst überfällig, dass sich die in langen Merkel-Jahren programmatisch entkernte CDU erneuere und auch strategisch neu aufstelle – vor allem mit Blick auf frühere bürgerliche und konservative Stammwähler. Wer sich mit ostdeutschen CDU-Abgeordneten unterhält, hört vor allem dort den Satz: „Der Bannfluch gegenüber der AfD muss aufgehoben werden!“ (oys)