Nach dem Wahlbeben vom Sonntag erschüttern Schockwellen die Fundamente der Union. Erbärmlich das Schauspiel hinter den Kulissen: „Grüne“ und „Liberale“ schachern bereits um Posten. Wer wird Vizekanzler, wer Finanzminister? Klar scheint zu sein, dass Robert Habeck der Chefsondierer der Ökosozialisten werden soll. Die, gemessen an den Erwartungen, große Wahlverliererin Annalena Baerbock wird schrittweise entmachtet.
Nach der Wahl ist vor dem bösen Erwachen, vor allem in der CDU! Etwa jeder fünfte Unionsabgeordnete kehrt nicht in den 20. Deutschen Bundestag zurück. Während Noch-CDU-Chef Armin Laschet von einer ökosozialistisch dominierten „Zukunftskoalition“ namens „Jamaika“ träumt (faselt), hat bei den ersten Abgeordneten in der dezimierten CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Prozess des Nachdenkens begonnen. Der freilich geht in eine ganz andere Richtung. Manchem Unionsabgeordneten dämmert, dass es eigentlich (ganz eigentlich) auch eine andere Option geben könnte…
Man glaubt es kaum nach dem öffentlich-rechtlichen Verblödungs-Sperrfeuer am Wahlabend und am Tag danach: Wenn es bei der Bundestagswahl einen ehrlichen Wahlsieger gab, dann war es das sogenannte bürgerliche Lager – trotz des historisch schlechten Ergebnisses, das die in 16 Jahren vermerkelte Union eingefahren hat.
CDU/CSU, AfD und FDP erreichen insgesamt 45,9 Prozent. Das würde theoretisch für 371 Mandate reichen. Eine sogenannte Bahamas-Koalition hätte also drei Mandate mehr als für die absolute Mehrheit in dem um weitere Überhang- bzw. Ausgleichsmandate aufgeblähten Bundestag (735 Sitze, vorher 709) erforderlich wären. Der Linksblock aus SPD, „Grünen“ und nur dank dreier Direktmandate wieder in Fraktionsstärke vertretenen Kommunisten kommt zusammen nur auf 363 Mandate (45,4 Prozent).
Daraus folgt bei Lichte betrachtet: Trotz der Stimmengewinne für die SPD (sprich: für den Marionetten-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz) und die Ökosozialisten wünscht sich eine Mehrheit der Wähler in Deutschland unterm Strich eine Politik mit einem bürgerlichen, wirtschaftskompetenten und auch einem konservativen Profil. Demoskopen nennen das eine „strukturelle Mehrheit“. Sie wartet vielleicht nur auf einen Prinzen, der sie eines Tages wachküsst.
Wer am Tag nach der Wahl mit CDU-Abgeordneten sprach, hörte hinter vorgehaltener Hand wenig Begeisterung für „Jamaika“, dafür aber so manche Meinung, die ein alter parlamentarischer CDU-Fahrensmann aus Rheinland-Pfalz in folgende Sätze zusammenfasste: „In der Opposition hätten wir vier Jahre lang Zeit, endlich einmal darüber nachzudenken, wie wir künftig bürgerliche Mehrheiten in Deutschland organisieren wollen. Es ist doch geradezu grotesk, dass die den Linksextremisten nahestehenden ‚Grünen‘ jetzt von uns zu einer Partei der politischen Mitte verklärt werden.“
Gauland reicht die Hand
Fakt ist: Selbst wenn es nach endlosem Koalitionsgewürge doch noch zu „Jamaika“ kommen sollte, so stehen die „Grünen“ der SPD innerlich und inhaltlich weit näher als der Union! „Jamaika“ wäre vom ersten Tag an eine halbherzige Koalition des allerkleinsten politischen Nenners – ohne solides Fundament. Laschet wäre bestenfalls ein Kanzler auf Zeit. Wie gesagt, wenn es überhaupt zu „Jamaika“ kommen sollte.
Oder steht, Stichwort Ampel, angesichts der im Grunde unvereinbaren Positionen von FDP und SPD bzw. „Grünen“ vor allem in der Steuer- und Finanzpolitik am Ende doch wieder die Chaos-GroKo, zur Abwechslung unter SPD-Führung? Entsprechende Fragen („Schließen Sie aus, dass es eine Not-GroKo geben könnte?“) werden Scholz & Co. mit vor die Nase gehaltenen TV-Mikrophonen bereits gestellt. Nur mal so zur Erinnerung: Ausdrücklich ausgeschlossen hatte die SPD eine Neuauflage der „GroKo“ auch 2017, mit dem sattsam bekannten Ergebnis.
Die AfD jedenfalls hält die Hand in Richtung Union ausgestreckt. Alexander Gauland, scheidender Fraktionschef, schließt eine Annäherung beider Fraktionen im 20. Deutschen Bundestag nicht aus: Ja, es gebe diese Möglichkeit, erklärte Gauland am Wahlabend. Bedingung sei aber: „Die CDU muss sich ändern, sie muss von dem Merkel-Kurs ablassen, sie muss wieder eine andere Partei werden!“
Wie heißt es doch in einem der schönsten Nena-Songs: „Wunder geschehn, ich hab’s gesehn…“ (oys)