Genau ein Jahr ist seit der Diskussion über den Globalen Migrationspakt vergangen. Die Regierungsparteien haben sich damals beeilt zu versichern, dass alle darin enthaltenen Forderungen unverbindlich seien, von Deutschland ohnehin erfüllt würden und das ganze Vertragswerk eigentlich für Arbeitsmigranten der Dritten Welt konzipiert worden sei. Später dann, im April 2019, erfuhr die erstaunte Öffentlichkeit durch das alarmierte Ungarn aus einer juristischen Studie der EU, dass die Gültigkeit des Papiers auch für die Länder gegeben sei, die es explizit abgelehnt hatten. Ein paar Tage danach folgte ein Dementi: das sei doch nur eine Überlegung gewesen. Man hatte den Eindruck von unter dem plötzlichen Strahl einer Taschenlampe weghuschenden Kakerlaken.
Auf ähnlich leisen Sohlen, d. h. unter dem Radar der politischen und medialen Öffentlichkeit, zirkuliert nun eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2019 zu den Grundrechten von Menschen afrikanischer Abstammung in Europa (2018/2899(RSP)). Was zunächst wie ein schlechter Witz aussieht, entpuppt sich als in hohem Maße bedenklich für unsere demokratische Verfasstheit und blanker Rassismus – nur umgekehrt.
Besondere Menschenrechte für Afrikaner?
Unser heutiges Europa ist auf den Menschenrechten nach der UN-Charta aufgebaut, sie gelten für alle Menschen, gleich welcher Herkunft und Hautfarbe. Daneben gibt es Staatsbürgerschaftsrechte, sie werden trotz steigender Durchgriffe seitens der Brüsseler Allmachtsbehörden noch immer von den Nationalstaaten selbst festgelegt, zumeist in Grundgesetzen und Verfassungen. Sie gelten für die jeweiligen Bürger dieser Staaten und regeln meistens auch den Status der sich aus unterschiedlichen Gründen auf ihren jeweiligen Territorien aufhaltenden Gäste. Auch diese Gesetze machen hinsichtlich ihrer Gültigkeit keinen ethnischen Unterschied. Was um alles in der Welt braucht Europa extra Grundrechte für Afrikaner, für explizit genannte »Menschen afrikanischer Abstammung« auch zusammen mit den Begriffen »Afro-Europäer«, »afrikanische Europäer«, »schwarze Europäer«, »Menschen afro-karibischer Herkunft« oder »Schwarze karibischer Herkunft«, die von den anderen Rechten nicht abgedeckt sind? Ein Gesetzeswerk für Schwarze?
Um die Katze gleich aus dem Sack zu lassen: Das Papier erklärt die Tatsache, warum deutsche Regierungsvertreter in letzter Zeit allzu oft von der »Schicksalsgemeinschaft mit dem afrikanischen Kontinent« sprechen. Wer das Wort »Schicksal« verwendet, muss einen Grund haben. Der Duden kommt der Bedeutung nahe, als »von einer höheren Macht über jemanden Verhängtes, was sich menschlicher Berechnung und menschlichem Einfluss entzieht und das Leben des einzelnen Menschen entscheidend bestimmt«. Von hier ist es nur ein kleiner Schritt zum Betrug. Denn diese – mit den üblichen Stimmen verabschiedete – Entschließung kommt nicht über uns wie das Wetter oder ein Vulkanausbruch. Vielmehr ist sie gewollt und in ihrem Kalkül sehr konkret.
In Artikel 23 fordert man die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, »unter Berücksichtigung der bestehenden Rechtsvorschriften und Verfahren dafür zu sorgen, dass Migranten, Flüchtlinge und Asylbewerber auf sicherem und legalem Wege in die EU einreisen können«.
Das, was immer geleugnet worden ist, hier wird es zum Programm. Ohne Unterschied hinsichtlich ihres Status, des subsidiären Schutzes, der Genfer Konvention oder eines Asylgrundes nach § 16 a GG. Sie sollen einreisen können, ohne Obergrenze wie wir alle wissen!
Ein weiterer Schritt zur ungebremsten Massenmigration
Und wir erfahren auch hierfür eine Liste von Gründen, unter anderem, weil »Menschen afrikanischer Abstammung im Laufe der Geschichte erheblich zum Aufbau der europäischen Gesellschaft beigetragen haben, viele auf dem Arbeitsmarkt jedoch diskriminiert werden«. Aha?
Es kommt aber noch besser. Wenn Sie sich fragen, warum unser Deutsches Fernsehen, GEZ-finanziert, immer weniger weiße alte Männer in seinen Sendungen beschäftigt, bekommen Sie eine Idee davon. »Menschen afrikanischer Abstammung (sollen) in Fernsehsendungen und anderen Medien gefördert werden, damit ihrer fehlenden Repräsentanz sowie dem Mangel an Vorbildern für Kinder afrikanischer Abstammung angemessen entgegengewirkt wird.«
Auch um die bei uns in Länderhoheit liegende Bildung werden ganze Kataloge von Forderungen aufgestellt. Statt sich staatlicherseits in austeilender Gerechtigkeit um alle Lernenden und Studierenden gleichermaßen zu kümmern, geht es um plakative Gleichmacherei. Warum sind denn die Unterschiede so groß, auch in zweiter oder dritter Generation? Intelligenz, Bildung, Kultur sind keine gesellschaftlichen Konstrukte, nach allem was man darüber wissen kann – wenn man dieses Wissen aus Gründen politischer Korrektheit nicht verleugnet.
Artikel 20 fordert die Mitgliedstaaten auf, »sicherzustellen, dass Erwachsene und Kinder afrikanischer Abstammung gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Bildung und Betreuung ohne Diskriminierung und Segregation haben, und erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zur Unterstützung des Lernens vorzusehen; legt den Mitgliedstaaten nahe, die Geschichte der Menschen afrikanischer Abstammung in die Lehrpläne aufzunehmen und eine umfassende Sicht auf die Themen Kolonialismus und Sklaverei zu bieten, wobei die historischen und gegenwärtigen negativen Auswirkungen auf Menschen afrikanischer Abstammung anerkannt werden, und dafür zu sorgen, dass das Lehrpersonal für diese Aufgabe angemessen ausgebildet und ausgestattet ist, um der Vielfalt im Klassenraum zu begegnen«.
Kein Wort von Integration
Weil dies vermutlich nicht ausreichen wird, kommt selbstverständlich auch noch der volle Sozialstaat zum Einsatz: Das EP »fordert die Mitgliedstaaten auf, die rassistisch begründete Voreingenommenheit in ihren Strafrechts-, Bildungs- und Sozialsystemen zu überwachen […] den gleichen Zugang zu sozialen Diensten zu gewährleisten und die Beziehungen zwischen den Sozialbehörden und Minderheitengemeinschaften zu verbessern, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Beziehungen zu schwarzen Gemeinschaften und Menschen afrikanischer Abstammung liegen sollte«. Kein Wort von Integration, oder?
Wenn in unseren Gefängnissen also Täter mit afrikanischer Abstammung überrepräsentiert sind, liegt das nicht etwa an den um ein vielfach höheren Kriminalitätsraten dieser Zuwanderergruppe, vor allem bei schweren Gewalttaten, sondern an »rassistisch begründeter Voreingenommenheit« unseres Strafrechts? Man soll das am besten gar nicht mehr differenziert erfassen: »Die Erstellung von Profilen auf der Grundlage der Rasse oder der ethnischen Zugehörigkeit in allen Formen der Strafverfolgung, der Terrorismusbekämpfung und der Einwanderungskontrolle [ist] zu beenden und die Praktiken der unrechtmäßigen Diskriminierung und Gewalt offiziell anzuerkennen und zu bekämpfen, indem in den Behörden Anti-Rassismus-Schulungen sowie Schulungen zur Beseitigung von Vorurteilen abgehalten werden.«
Man kann sich nur wundern! Vor allem darüber, dass derlei jedem gesunden Menschenverstand spottender und jede Gesellschaft spaltender Blödsinn mit den hochbezahlten Stimmen deutscher Parlamentarier aller Parteien, außer der AfD, ins Werk gesetzt wurde. Von der Wahrnehmung europäischer oder gar nationaler Interessen kann schon lange keine Rede mehr sein.
Vielleicht darf ich zum Abschluss und quasi als Zusammenfassung meinen geschätzten Kollegen und Freund Michael Klonovsky zitieren: »Die Entscheidung, ob wir in diesem Jahr eher 30 Jahre Mauerfall oder doch 70 Jahre DDR feiern, neigt sich immer mehr gen Version zwei.«
Um das Papier wird man sich kümmern müssen!
Matthias Moosdorf
Matthias Moosdorf, geb. 1965 in Leipzig, Musiker u. a. im Leipziger Streichquartett, Konzerte in über 65 Ländern, mehr als 120 CD-Veröffentlichungen, 5 ECHO-Klassik-Preise, Texte und Bücher zur Musik u. a. bei Bärenreiter, 2008–2013 Gastprofessor an der Gedai-University of Arts, Tokyo, Gründung mehrerer Kammermusik-Festivals, Gesprächspartner zu Musik und Politik im Radio, seit 2016 auch Politikberatung und Publizistik, arbeitet für die AfD im Deutschen Bundest