Die chaotischen Zustände rund um die Sanierung des Segelschulschiffes Gorch Fock reißen nicht ab. Die zuständige Werft muss in die Insolvenz gehen, während gleichzeitig der Korruptionsverdacht gegen einen Beamten des Marinearsenals Wilhelmshaven das Verteidigungsministerium (BMVg) in Erklärungsnot bringt. Dabei steht eines fest: Die Gorch Fock muss wieder auf See.
Die Entwicklungen rund um das Marineschulschiff Gorch Fock sind beides: Wirtschaftskrimi und peinliches Schauspiel. Seit 2016 liegt der Dreimaster für Sanierungsarbeiten in der Elsflether Werft, die Kosten sind seitdem von ursprünglich 10 auf 135 Millionen Euro angestiegen. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte der Skandal nun mit der Ankündigung des Betriebs, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung einzuleiten. Das Management wurde ausgetauscht und soll künftig von einem erfahrenen Werftsanierer kontrolliert werden.
Dabei geht es auch um Misswirtschaft und Korruption. So soll die Elsflether Werft von der Bundeswehr gezahlte Rechnungen nicht an Subunternehmer weitergeleitet haben. Die Hintergründe sind noch nicht in Gänze aufgearbeitet, wahrscheinlich werden die Gelder aber in die Beilegung von Erbstreitigkeiten geflossen sein.
Denn die Elsflether Werft ist eine Aktiengesellschaft mir der in Hamburg ansässigen Sky-Stiftung als Hauptanteilsnehmer. Deren Eigentümerin Brigitte Rohden verstarb im Januar 2018, seitdem lag die Generalhandlungsvollmacht bei einem Hamburger Anwalt. Gegen diesen richten sich nun die Vorwürfe, über ein Geflecht von Stiftungen und Subfirmen große Summen aus der Werft umgeleitet zu haben.
Ebenfalls im Fokus steht ein Beamter des Marinearsenals, der für die technische Preisprüfung der Werft-Angebote verantwortlich war und sich inzwischen selbst der Vorteilsnahme bezichtigt. So soll er nicht nur über persönliche Kontakte für die Vergabe des Auftrags an die Elsflether Werft involviert gewesen sein, sondern nahm von dieser auch Kredite zu günstigeren Konditionen auf, was von der ermittelnden Staatsanwaltschaft als Annahme von Schmiergeldern oder zumindest als Vorteilsnahme gewichtet wird.
Was sich in dem Skandal rund um die Gorch Fock abzeichnet, ist also nichts weniger als ein ziemlich unappetitliches Geflecht, welches in seinen Ausmaßen ein bezeichnendes Bild über den Umgang mit staatlichen Geldern und der Auftragsvergabe der Bundesregierung und hier vor allem des Verteidigungsministeriums zeichnet. In den drei Jahren, in denen die Gorch Fock in der Elsflether Werft liegt, hat sich Ursula von der Leyen kein einziges Mal selbst ein Bild über die Lage vor Ort verschafft. Erst Ende Januar 2019 holte sie dies nach.
Stattdessen ließ sich die Ministerin von Mitarbeitern fehlerhafte Berichte vorlegen, denn anders wäre eine solche Verschleppung der Kostenexplosion über drei Jahre hinweg nur schwer zu erklären. Ob das BMVg und die Verteidigungsministerin folglich bei den Planungsmaßnahmen zur Instandsetzung der Gorch Fock abseits von offensichtlicher Nachlässigkeit Fehler gemacht haben, wird aber noch zu klären sein. Vorerst sind weitere Zahlungen durch das Verteidigungsministerium ausgesetzt.
Diese Maßnahme bedroht nun natürlich auch die Existenz zahlreicher mittelständischer Subunternehmer, die auf ihren bisherigen Ausgaben sitzenbleiben und nicht wissen, wie es nun mit der Gorch Fock und die Elsflether Werft weitergehen wird. Etwaige Vorschläge des Ministeriums, die Sanierung des Segelschulschiffs abzubrechen und stattdessen bis 2025 oder wahlweise 2032 einen kompletten Neubau in Auftrag zu geben, können dabei vor diesem Hintergrund nur als verantwortungsloser Unsinn abgetan werden.
Es ist peinlich genug, dass eine führende Wirtschaftsmacht wie Deutschland unter seiner derzeitigen Regierung nicht in der Lage zu sein scheint, seinem Marinenachwuchs ein einsatzbereites Segelschulschiff zur Verfügung zu stellen. Die Sanierung und die damit zusammenhängenden Kosten sind inzwischen so weit vorangeschritten, dass es den Skandal nur noch vergrößern würde, läge man die Gorch Fock nun endgültig aufs Abwrack-Dock.
Aus einer solchen Forderung spricht außerdem ein großes Unverständnis für das, was militärische Gemeinschaften zusammenhält. Für den Soldaten stiften Symbole wie die Gorch Fock Identität, sie stellen ihn in eine lange Kette von Kameraden, die ebenfalls ihren Dienst auf dem traditionsreichen Dreimaster verrichteten. Schon allein deshalb gehört die Gorch Fock unbedingt wieder in den Einsatz.
Die Gorch Fock wurde 1958 in Dienst gestellt und ist nach dem Künstlernamen des deutschen Schriftstellers Johann Wilhelm Kinau benannt, der 1916 in der Skagerrak-Schlacht fiel. Sein bekanntestes Werk »Seefahrt ist not!« erzählt auf realistische Weise über das Leben von Nordsee-Fischern Ende des 19. Jahrhunderts.
Jan Nolte
Jan Nolte ist seit 2014 Mitglied der AfD und sitzt seit Oktober 2017 als Abgeordneter für den Wahlkreis Frankenberg im Bundestag. Er ist außerdem Mitglied im Verteidigungsausschuss, wo er sich schwerpunktmäßig mit den Themen Cyber-Warfare und Digitalisierung auseinandersetzt.